aus Stattzeitung für Südbaden - Ausgabe 50 [www.stattweb.de]

Fritz Güde

Globalisierung - Empire - Imperialismus

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Tanzbär auf drei heißen Platten - in Bewegung

Die folgenden Überlegungen zum Imperialismusbegriff heute können nicht den Anspruch erheben, das Problem endgültig zu klären. Ein solcher Versuch würde ein Heft wie die Stattzeitung einfach sprengen. Was hier unternommen werden soll, ist bescheidener: es wird einfach herumprobiert, wie weit wir mit Begriffen wie Globalisierung –empire –Imperialismus kommen. Wem sind sie zuzuordnen? Wer kann mit welchem Ergebnis mit ihnen arbeiten?

Es wird aus alten Zeiten über die Kunst berichtet, Bären das Tanzen beizubringen. Man stellte sie auf erhitzte Herdplatten. Sie zogen natürlich die Tatzen hoch, aber fanden immer nur eine andere glühende Fläche für ihren Fuß. So lernten sie angeblich, niemals zu verweilen

In ähnlicher Lage findet sich heute derjenige, der auf solchen Begriffen fußen will wie »Globalisierung« oder »Imperialismus«. Das beste, was ihm passieren kann, um seine Sohlen zu retten, ist Bewegung. Damit aber der Verzicht auf den eigenen dauerhaften Standpunkt. Es gibt kein lutheranisches »Hier stehe ich« für ihn- auch keinen »Standpunkt« der Arbeiterklasse. Wer verharrt, verbrennt.

Globalisierung

Fangen wir mit der an. Sie ist in aller Munde- vom Kanzler oben angefangen bis zu ATTAC.Ich klappe meinen Computer auf und lese auf allen Einzelteilen verschiedene Herkunftsorte. Ich sitze in der S-Bahn morgens um elf, und finde mich ganz offensichtlich zwischen Leuten wieder, die alle nicht in Frankfurt oder Karlsruhe geboren sind..

Wenn mit Globalisierung gemeint ist, dass es einen universellen Austausch von Menschen und Waren über den Erdball- Globus –weg gibt, dann fasst der Begriff einfach eine Summe von Wahrnehmungen zusammen.

Der Begriff Globalisierung dient dazu, sich zum Beispiel wechselseitig einen gewissen Zwang mitzuteilen. »Wir müssen mit unseren Ansprüchen zurückstecken, denn im Rahmen der Globalisierung würden wir durch zu viel Lohnansprüche unsere Firma zwingen, auf andere Gegenden auszuweichen, wo die Löhne geringer sind«. Wird das Wort so gebraucht, bedeutet es einfach: Weltmarkt. Aufzufassen als hinzunehmender, nicht weiter hinterfragbarer Handlungsrahmen.

Globalisierung: Indifferenzpunkt zwischen Internationalismus und Imperialismus

Bei genauerer Betrachtung erkennt man mitten in dem Wort eine wolkige Stelle, etwas absichtlich Unentschiedenes und Unentscheidbares. Etwas ,das früher mit ganz anderen Begriffen bezeichnet wurde.

Dass über die Erde hin Menschen gleichermaßen genötigt wurden, ihre Arbeitskraft zu verkaufen, trieb sie gegeneinander unweigerlich in Konkurrenz. Wer länger arbeiten konnte als andere, wer sich billiger verkaufte, geriet, ob er wollte oder nicht, in Konkurrenz weltweit mit anderen. Um dem abzuhelfen, wurden Forderungen aufgestellt, diese Konkurrenz untereinander zu überwinden. Der Versuch der Arbeitskraft, das über die Welt weg hinzubekommen. Diesen Versuch nannte man noch in meiner Lebenszeit ganz unbefangen »proletarischer Internationalismus«.

Die Gegenkraft, die zusammenarbeitende, wenn auch ebenfalls durch Konkurrenz zerklüftete Macht der Unternehmen, Druck auf die Arbeitskraft auszuüben und unter Ausnutzung regionaler Unterschiede der technischen und wirtschaftlichen Entwicklung sie möglichst billig einzukaufen, nannten dieselben Leute dann :Imperialismus. In beiden Begriffen – Internationalismus und Imperialismus- steckt die Ausdehnung über die Erde hin.

Globalisierung – Begriff aus dem Horizont der Menge

Wie ist es dann zu erklären, dass beide Begriffe – Imperialismus- und Internationalismus – in dem Begriff Globalisierung ertrunken sind?

Antwort: Internationalismus ist nur von dem als Begriff, als Griff nach der umfassenden Wirklichkeit einer gemeinsamen Welt anzuwenden, der schon herausgetreten ist aus der Atomisierung des bloßen Nebeneinander.

Aus der Atomisierung der Menge. Unter Menge verstehen wir die Vielzahl von Menschen in einer Stadt, einer Gegend, einer Medienlandschaft, die nur von außen zusammengehalten werden. Die Wohnungen, die uns zur Verfügung stehen, die Straßen, die uns im bestimmter Weise dahinflößen, die Kneipen und Sportplätze, die uns erlauben, zusammenzukommen, die Sendungen im Fernsehen, über die wir montags reden, sie alle schaffen einen wirklichen materiellen Zusammenhang Aber einen, den wir zunächst nur erleben, vielleicht sogar erleiden. Wir werden äußerlich zusammengebacken und strecken und dehnen uns nach der jeweiligen Backform.

Globalisierung als Begriff ist nützlich für minimal mögliche Bewegungen innerhalb der Menge. Kehrseite des Nutzens. Eben das, was spontan als Begriff auftaucht, als Instrument des Weiterkommens vom einen zum nächsten, das fesselt zugleich. Wird der Begriff in Frage gestellt, tritt Panik auf. Wie sollen wir uns denn dann überhaupt noch weiterbewegen?

Empire

An dieser Stelle greifen Negri und Hardt mit ihrem neuen Buch EMPIRE ein. Es ist im Original in Englisch erschienen –und Rezensionen säumten seinen Weg, lange bevor es übersetzt war. Als es dann zu Beginn des Jahres 02 deutsch vorlag, war es sofort vergriffen. Was so einschlägt, das muss einem tiefen Bedürfnis entsprechen.

Einige Treffer- viele Schrammungen

Um gleich damit herauszurücken: die zwei Grundbegriffe, mit denen Internationalismus und Imperialismus ersetzt werden sollen, heißen bei Negri-Hardt Empire und Multitude. Den zweiten Begriff, der mal von Macchiavell, mal von Spinoza stammen soll, übersetzen Thomas Atzert und Andreas Wirthensohn mit »Menge«

Empire darf unter keinen Umständen mit Imperialismus verwechselt werden. Negri und Hardt schwebt etwas dabei vor wie das alte römische Reich. Es soll etwas sein, das schon lange Staatlichkeit hinter sich gelassen hätte: die Einheit einer Welt von Denkformen und Kommunikationsverhältnissen..

Die Multitude, die Menge ist es, die das Empire aus sich heraus schafft ,weil sie es als Verkehrsform- als Mittel des Zusammenkommens über den Weltball weg braucht. Diese Menge selbst ist dem Status der Proletariats schon lange entwachsen. Sie kennt im Grunde keine Ausbeutung mehr. Was sie produziert, ist im wesentlichen »immaterielle Produktion«.

Die Schwierigkeit des Buches liegt in seiner Undeutlichkeit. Wir können hier nur auf ein paar Kernbehauptungen eingehen. Bei allen wird sich zeigen, dass sie einen wirklichen Sachverhalt anzielen, aber in der Regel an ihm vorbeizischen. Sie treffen ihn nicht, sie schrammen ihn bloß.

Gedanken als Teil der materiellen Wirklichkeit.

Die erste Voraussetzung, die die Autoren stillschweigend machen, ist die: Meinungen, Theorien, Gedanken sind Teil der materiellen Wirklichkeit, die sie beschreiben wollen. Die Tatsache etwa, dass der österreichische Rechtstheoretiker Kelsen sich schon in den zwanziger Jahren die Frage nach der Möglichkeit einer weltumspannenden Rechtsordnung gestellt hat, ist für die Autoren der Beweis, dass es eine solche Rechtsordnung gibt.

Damit gehen sie tatsächlich von einer Erscheinung aus, die sich aufdrängt. Je komplizierter der Warenverkehr über die Welt hin geworden ist, desto weniger lässt er sich offenbar abwickeln ohne sprachliche Begleiterscheinungen. Was dazu gesagt wird und dass es dazu gesagt wird, ermöglicht erst das Zusammenkommen der Geschäfte

Das heißt aber keineswegs, dass jede Art des »Redens über« die Sache, von der geredet wird, bestimmt. Es bedarf dazu bestimmter Redeformen, deren Festigkeit der materiellen eines Steins oft nicht nachsteht. Die französischen Theoretiker seit Foucault haben diese festen Rede- und Denkformen Diskurs genannt. Negri und Hardt scheinen den Produktionsbegriff auch auf das Erzeugen dieser Denkformen anzuwenden. In Wirklichkeit wird dabei nicht produziert, sondern die vorhandene Produktion in Bahnen gelenkt. Beherrschung der Produzenten darf nicht mit Produktion verwechselt werden.

Menge oder Weltproletariat

Der Menge selbst wird vor allem »immaterielle Produktion« zugeschrieben. Die einfachste Übersetzung dafür war: Dienstleistung. Wieder treffen Negri und Hardt damit etwas überall Vorfindbares. Die Arbeitenden haben die Gehäuse der Fabriken weitgehend verlassen. Sie kommunizieren über die Erde weg Nur: Dienstleistung bleibt genau so ein Begriff der grundsätzlichen Unentschiedenheit – wie Globalisierung selbst.

Bei näherem Zusehen treffen wir etwa auf die ausgelagerte Rechnungsabteilung eines Betriebs in Bombay. Was in ihr geleistet wird, ist genau noch so Bestandteil der Gesamtproduktion dieses Betriebs als zu der Zeit, da diese Abteilung sich im ersten Stock des Firmengebäudes in Gelsenkirchen befand. Rechnungsführung bleibt die Lohnarbeit, die sie war.

Zum andern treten alte Dienstleistungen wie Haareschneiden zu neuen wie zum Beispiel die Digitalisierung eines analog gespeicherten Musikstücks, damit es übers Netz heruntergeladen werden kann. Niemand wird aber bestreiten, dass alle Dienstleistungen- ob Haareschneiden, Französisch lehren, Sportverein trainieren, ganz am Ende an den materiellen Veränderungen gemessen werden, die sie hervorbringen. Sind die Haare jetzt so, dass sie den Erwartungen anderer entsprechen und Gefallen auslösen?

Schließlich scheinen die Autoren von EMPIRE mit »immaterieller Arbeit« der Menge das zu meinen, was zwei andere Doppelautoren – Negt und Kluge – vor Jahren in ihrem Buch »Geschichte und Eigensinn« Zuarbeit genannt haben. Wir alle in einem Produktionsganzen arbeiten anderen ungebeten zu: wir erzeugen zum Beispiel ein sprachliches Klima, in dem Winke, Belehrungen, Fertigkeiten von anderen übernommen werden können- oder auch nicht.

Negri und Hardt halten das, was sie irrig immateriell nennen für die einzige verbliebene Arbeit. Den Begriff der simplen Lohnarbeit kennen sie kaum noch. Damit entschwindet das Problem der Überproduktion völlig ihren Blicken, auch das der Krise usw.

Deshalb bleibt der letzte Teil des Buchs, in welchem das Ende des Empire skizziert wird, so ungreifbar. Wie sollte auch die multitude etwas beseitigen wollen ,das sie selbst geschaffen hat und in dem sie weder Ausbeutung noch Unterdrückung erfährt.

Verschwindet die Staatsgewalt?

Negri und Hardt hatten ihr Buch schon fertig, als die twin towers in New York fielen. Sonst hätten sie vielleicht nicht so unbekümmert davon gesprochen ,dass es im Empire die Dominanz eines Staates über andere nicht mehr gibt. Das Streben nach staatlicher Herrschaft und wirtschaftlicher Abhängigmachung möglichst vieler Gebiete von einem Kernstaat bestreiten sie für die Gegenwart des Empire entschieden. Empire soll sein ein Netz über alle bisherigen Staaten hinweg, ein Geflecht wechselseitiger Abhängigkeiten.

Trotz des Anwachsens internationaler Organisationen ist aber die Staatstätigkeit in ihrer unterdrückenden wie ihrer fördernden Funktion angewachsen. Dass die Phantasie vom Absterben des Staates im Leeren hängt, kann jeder in unserer Gegend im grenznahen Bereich erfahren. Der Staat bleibt als große Schleusmaschine erhalten, um anzusaugende und fernzuhaltende Arbeitskräfte zu sortieren. Seine Gewalt nimmt genau in dem Maß zu, wie die stumme »Gewalt der wirtschaftlichen Verhältnisse« ihre Stummheit verliert. Und so ergibt sich, dass der Doppelbegriff der Autoren- Empire und Menge- nicht über den gegenwärtigen Zustand der Welt hinausführt. Wer dem Buch als Handlungsanleitung erläge, der bliebe im Zustand der Unentschiedenheit,den der Begriff Globalisierung ganz ohne Negri-Hardt schon bezeichnet.

Imperialismus

Bleiben wir doch wieder am überlieferten Begriff des Imperialismus hängen. Wozu brauchten Lenin und seine Leser seine Imperialismustheorie? Welche Bewegung erlaubte sie ihnen. Der italienische Kommunist Gramsci berichtet von seiner ersten Lektüre Lenins. Er fasst seinen Eindruck zusammen in einem flammenden »Jetzt gleich.« Revolution ist möglich ,und das in unserer Lebenszeit.

Die bisherigen revolutionären Aussichten für ein kapitalistisch nur sehr partiell entwickeltes Land wie Russland waren verheerend. Es zeichnete sich ab, dass erst einmal eine bürgerliche Revolution sich durchsetzen müsse. Die Arbeiter selbst hatten keine bessere Aussicht, als sich die eigenen Ausbeuter, die Kapitalisten, erst einmal vor die Nase zu setzen, um nach langen Jahren die erst hochgezüchteten wieder zu stürzen

Lenins Imperialismustheorie fasste – in dem Punkt genau wie Negri-Hardt – die gesamten Weltverhältnisse ins Auge. Wenn Imperialismus herrscht, erzwingt er Krieg, Die Kriegsaufwendungen treffen die wirtschaftlich starken Länder so hart wie die schwachen. Wenn Imperialismus ein zusammenhängendes Weltverhältnis ist, dann ist es möglich, am »schwächsten Kettenglied« anzusetzen und doch die ganze Kette in die Hand zu bekommen.

Das Freudige Negris – das Freudige Lenins: es liegt eine Welt dazwischen. Lenin sieht in der äußersten Verschärfung des Drucks –durch den Krieg- die Dringlichkeit der sofortigen Gegenwehr. Negri und Hardt dagegen versprechen, der Weg sei schon halb gegangen. Im Empire schwimmen wir mit dem Strom. Bei Lenin stehen wir mit dem Rücken an der Wand.

Der Charakter der heutigen Kriege

Können wir tatsächlich aber heute noch – bald neunzig Jahre nach dem Erscheinen von Lenins Buch – aus seinem Begriff neue Bewegungsmöglichkeiten gewinnen?

Die seit 1989 immer näher rückenden Kriege- der zweite Golfkrieg,die im Balkan, der in Afghanistan, sie alle brachten den Begriff des Imperialismus nach langer Verschüttung wieder zu Ehren.Nur können die heutigen Kriege kaum aufgefasst werden als Kampf um ein Gebiet, aus dem der bekannte Extra-Profit gezogen wird Das zerstörte Afghanistan kann keinem Land das bieten, was Indien im 19. Jahrhundert England bot.

Aber die Pipelines! Aber das Öl! Die sind in aller Munde. Nur auch da muss Erinnerung herhalten. Nach dem Ölstreik der Opec-Länder 1973 genügte der bloße Sog des Geldes, um diese Länder wieder einzubinden. Sie alle kauften in den Industrieländern Industrieanlagen. Damit waren sie wieder auf Gedeih und Verderb im Boot.

Das bloße Geld zieht nicht mehr. Seit der Aufkündigung der Verträge von Bretton Woods und dem ewigen Außenhandelsdefizits der USA.

Krieg erscheint dann nicht mehr als die Katastrophe am Ende, sondern als dauernde Begleiterscheinung, nie aufhörende Notwendigkeit des Imperialismus. Genau so, wie Präsident Bush es uns angedroht hat.

Krieg ist dann dazu da, Länder, die sich abkapseln wollen– mit Waffengewalt in den Bereich der Berechenbarkeit fürs Kapital zu zwingen.

Krieg heute, so entsetzlich er sich auswirkt, wäre dann im Licht dieser Betrachtung nicht mehr als Zeichen der Stärke, sondern als eines der Schwäche zu verstehen. Was es in der Zeit der Herrschaft des Produktionssystems von Henry Ford noch gab- ein von allen Ländern angenommenes Entwicklungsmodell- Schwellenländer, unterentwickelte- das hat sich aufgelöst..

Kennzeichnend, dass ungefähr zur Zeit des Afghanistankriegs Argentinien, vor fünfzig Jahren eins der reichsten Länder der Erde, in seiner Krise vom IWF einfach abgeschrieben wurde. Wie Dreiviertel des Kontinents Afrika. Der Rückzug des Geldes aus der Peripherie, der Ersatz des schwachen Geldes durch die einzige Währung, die noch zählt: Militärische Gewalt –das sind zwei Seiten einer einzigen Entwicklung.

Wir verlassen uns im Kampf gegen den Imperialismus –im Gegensatz zu Lenin- nicht auf Völker, die sich als ganze gegen Unterdrückung erheben. Statt dessen:Setzen aufs Weltproletariat! Wie soll es das aber geben, wenn doch viele, die wir damit meinen, in Lagern oder Slums herumhängen und gerade vom Gesamtarbeitsprozess ausgeschlossen sind?

Denken lässt sich das nur so: in dem Maße, in dem etwa in einem indischen Dorf auch nur einige in ein Arbeitsverhältnis gebracht werden- sagen wir etwa bei einem von Siemens betriebenen Staudammbau-ist der Rückweg zur Selbstversorgung für das ganze Dorf versperrt.

Weltproletariat meint dann die Gesamtheit all derer, die eine Lebensperspektive nur noch in der Annahme bezahlter Lohnarbeit haben. Wer diesen Begriff auf sich anwendet, hat die Diffusion in der Menge hinter sich gelassen. Er erkennt sich selbst im Arbeitszusammenhang einer Welt- und damit in Bewegung.

Indem auch die letzten in das System der Lohnarbeit hineingezwungen werden, werden sie unfreiwillig auch solche, die die immer schwierigere Zuarbeit erbringen, die das System als ganzes aufrecht erhält. Die Denkformen, die der Kapitalismus für sein Fortexistieren verlangt, müssen sie in sich selbst mühsam miterzeugen.

Und darin liegt die Schwäche des monumentalen Weltsystems, das Imperialismus genannt wird. Wie Brecht einmal sagte: »Der Tank hat einen Fehler: er braucht einen Fahrer«. In einem sehr viel weiteren Sinn lässt sich heute sagen: die ungeheure Zusatzarbeit, die nötig ist, um ein System funktionstüchtig zu erhalten,, macht es immer anfälliger, je mehr es die Menschen auch in ihrem Denken in Pflicht nimmt. Es hängt von zu vielen und zu vielem ab.

Der heilige Franziskus

Verblüffenderweise treffen sich Negri und Hardt ganz am Ende ihres Buchs mit Präsident Bush. Bush pries Franziskus vor dem Deutschen Reichstag als Vertreter des Besten, was Europa hervorgebracht hätte Im EMPIRE heißt es: man denke an das Wirken des Hl. Franz von Assissi. Um gegen die Armut der Menge zu protestieren, übernahm er deren Lebensumstände..«(S.420) Leider übersahen die Autoren dabei, dass Franziskus mit all seiner Aufopferung unwillentlich das System stützte, das die Sekte der Katharer stürzen wollte. Giotto hat Franz gemalt, wie er dem wankenden Kirchenbau mit seiner Schulter sich entgegenstemmt.

Wenn es denn schon Armut sein muss, die uns empfohlen wird, dann sollte sie sich heute konsequent als Wille zum Genuss des Reichtums einer Welt verstehen, in der an Produktionsmöglichkeiten alles schon da ist. Es kommt nur darauf an, diese aus dem Gefängnis des Privatbesitzes herauszuholen- mit all seinen künstlichen Zellenbildungen und Abgrenzungen zur Fristung des gegenwärtigen Betriebs.

 

Literatur:

Michael Hardt Antonio Negri:Empire. Die neue Weltordnung.Campus-Verlag Frankfurt 2002:ISBN 3-593-36994-X Preis: 36,50 €

fg

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