aus dem Zirkularbrief Nr. 7, Juni 2002

Eine Lage-Einschätzung Ffm Anfang Mai 2002

Thesen zur Auswertung der antifaschistischen Mobilisierungen am 1. und 4.Mai (Zur Diskussion auf dem Jour Fixe am 29.5.)

1.

die neo-NS konnten am 1.mai in Ffm nicht marschieren, am 4.mai konnten sie es erstmals, wenn auch in einem lächerlichen aufzug und fast nur symbolisch.

2.

folglich stellt der 1.mai 2002 für die antifaschistische gesamtlinke (d.h. bürgerliche und »radikale«) in Ffm + region unterm strich in politischer und militanter hinsicht einen erfolg (sieg), der 4.mai dagegen einen misserfolg (eine niederlage) dar.

3.

taktisch (= im maßstab der einzelnen aktion) waren beide tage für die »radikale« linke eine niederlage, weil sie aus eigener kraft keine gesamtblockade mehr (wie noch am 1.mai 2002) organisieren konnte, sondern teilweise (am 1.5.) und gänzlich (am 4.5.) von der staatstragenden »antinazikordination« abhängig war; weil sie zweitens - und vor allem - politisch-ideologisch schon am 1.5., endgültig und zur gänze aber am 4.5. jegliches eigenständige profil, jegliche radikale inhaltsvermittlung verloren bzw. aufgegeben hat. sie hat im einfachen wortsinn »ihr gesicht verloren«. die sogenannte »autonome antifa« und/oder »radikale linke« ist damit vorläufig zum hilflosen und bedeutungslosen anhängsel der bürgerlichen »volksfront«-demokraten geworden.

4.

strategisch (= im maßstab einer radikalen, d.h. revolutionär-antikapitalistischen zielbestimmung, entlang der alle einzelnen aktionen graduell, funktional und etappengemäß einzuordnen sind,) war der 1.mai noch gerade sowas wie ein achtungs-erfolg auch der radikalen restlinken im rahmen der gemeinsamen anstrengungen der neuentstandenen frankfurter »volksfront« mit den staatstragend-bürgerlichen antinazi-kräften.

denn die radikalen elemente waren am 1.5. immer noch deutlich sichtbar und hörbar in den blockaden. ihr rest-profil bestand gerade noch in ihrer präsenz an den blockadepunkten & als infrastruktur (eigenes infotelefon, ermittlungsausschuss, radiokoordination, lautsprecher & megafongruppen), obgleich politisch-ideologisch-inhaltlich bereits gegen null.

dagegen war der 4.mai auch und gerade strategisch eine niederlage der radikalen restlinken, denn die absorption ihrer organisierenden elemente in dem bürgerlich-gewerkschaftlichen erscheinungsbild war total, ihr inhaltlich-ideologisches profil endgültig gleich null (so gut wie keine eigene lautsprecherpräsenz, erbärmlichster ausfall des radios), ihre ohnmacht und abhängigkeit von der staatsgewalt war augenfällig und eklatant, vor allem verzichtete sie an diesem tag absichtlich oder unabsichtlich auf sichtbare präsenz an mehreren und maßgeblichen massensammelpunkten (dass sie angeblich an entscheidenden blockadepunkten durch ein oder zwei megafone, durch angeblich einen eigenen lautsprecher auch irgendwo, präsenz gezeigt habe, ist dann ausnahme zur regel, marginalie am erscheinungsbild an jenem tag), ebenso wie sie kein maßgebliches informationsgefüge mehr aufrechterhielt, in das sich ausser den »kadern« irgendjemand einklinken konnte, und in endgültig bakuninistisches informelles gehabe abtauchte.

wenn exponenten dieser endgültigen mikrologischen kaderstruktur sich, stolz auf die leistung jenes tages »trotz alledem«, nun sogar an die brust schlagen und die niederlage, die eklatante not gegenüber der staatsgewalt und deren marschierenden kameraden nun gar in eine tugend ummünzen möchten, so zeigt das nur das unvermögen dieser restlinken, überhaupt strategisch zu denken, überhaupt noch das ganze & sein bild von aussen wahrzunehmen und überhaupt auf die masse der leute und auf die nicht in die kaderstruktur einbezogenen genossInnen zu beziehen, die stattdessen dann nur noch von den »radikalen profis« zurechtgewiesen werden, gefälligst ihren arsch zu bewegen und »es doch selbst zu machen« statt die ausgezeichnete leistung der profis etwa noch anzumeckern.

daran gibt es aber nichts zu deuteln, dass der staat, die bourgeoisie in Ffm am 4.mai erstmals den neoNS einen strategischen politischen -wenn auch »nur« symbolischen - sieg ermöglicht hat, der vor allem eines beinhaltet und zum ausdruck gebracht hat (und darauf kam es der bourgeoisie und ihren NSkameraden an): das politische, ideologische und militante versagen jeder »linksradikalen«, autonom-antifaschistischen linken in der stadt & region. am 4.mai hat die staatsmacht in frankfurt die restlinke zum offenbarungseid gezwungen, & die effektive uneigenständigkeit, bedeutungslosigkeit, ja nichtigkeit dieser »radikalen« struktur ist nach jahrzehnten des bloßen aufzehrens ihres spontaneistischen & autonomen bewegungs-erbes zum erstenmal aufgeflogen.

die taktische »achtungs-niederlage« vom 4.5. (denn achtunggebietend bleibt die leistung der zusammengebrochenen reststruktur, über nacht wenigstens noch einmal den schein zu wahren, als organisierende struktur überhaupt noch zur stelle zu sein, wenn auch als hilfloses anhängsel & partikel der bürgerlich-staatstragenden antinazi-volksfront, angewiesen auf deren lokalitäten, logistik & unfähig zu irgendeiner eigenen politischen präsenz) kann nicht mehr hinwegtäuschen über die zutagegetretene ohnmacht jeder radikal antibürgerlichen, nichtstaatstragenden kraft in dieser region. dass diese restlinke ohne rest am ende ist, buchstäblich nichts mehr zu melden und zu sagen hat, was nicht das staatstragende antinazibündnis genauso und kompetenter tun und sagen kann - das ist die strategische markierung des 4.5.2002.

war für die restlinke der 1.mai ein achtungserfolg, so war für sie der 4.mai eine »achtungsniederlage«.

beide daten markieren strategisch den nadir einer »linksradikalen« szene in frankfurt & region, die einmal »bewegung« mit antikapitalistisch-antistaatlicher stoßrichtung war & sich ende des letzten jahrhunderts in bloße »linke szene« sedimentiert & aufgelöst hat. sie hat weder den »verrat« & übergang ihrer sozialen trägerschichten aus dem jahrzehnt der »sponti«- & ml-bewegung (mit ihren frankfurter repräsentanten Joschka,Joscha & Co) noch die endlose durststrecke der karawane der autonomen bellenden hunde noch die professionalisierungswelle der diversen linksakademischen & klammheimlich-antiimperialistischen quasi-NGO-nachrückerInnen noch die poser-, manager- & frontline-«antifa« der letzten dekade trotz aller ihrer treudeutschen gründlichkeit & zähigkeit »durchhalten« können, denn mit dieser gründlichkeit & zähigkeit hat sie sich die ganzen jahrzehnte hindurch vom strategischen bezug auf die communistische revolution nur immer dezidierter entfernt, hat jeden gedanken, jeden ansatz antikapitalistischer theoriebildung & damit jeden bewussten bezug aufs objektiv mögliche revolutionäre subjekt - die klasse-an-sich, deren teil diese szene ist ob sie will oder nicht - »ein für allemal« verabschiedet, diskriminiert, tabuisiert, verpönt & »den orthodoxen rechthabern« zugewiesen, mit denen sie nun mal nichts zu schaffen haben will (»schlagt ihn tot: es ist ein marxist!«).

da sich längst der antitheoretische affekt in dieser szene durchgesetzt hat, ist sie schon lange am ende ihres lateins & vollzieht seit der jahrhundertwende mehr oder weniger schamlos den wechsel von der formel »unsere utopie« zur staatskoexistenten »realpolitik«. die »linksradikalen« von gestern gehen seit dem 11.september 2001 mehr oder weniger enthemmt ins lager des »radikalen reformismus« über, ihren abschied vom proletariat - und damit von sich selbst als potenziell revolutionärem subjekt-element - haben sie besiegelt, nun lauschen sie dem rauf & runter gehypeten theorie-surrogat von der beliebig manipulierbaren »multitude«... die nächste kampagne lässt nicht auf sich warten, niemand braucht zur besinnung zu kommen, denn für die opportunität irgendwo anzudocken stellt zur rechten zeit eine neue firma sich ein. da ist es gut, man weiss wenigstens was man kann, & auf diese fertigkeiten lassen wir schon garnichts kommen.

5.

die »achtungsniederlage« wächst sich dieser tage für die restlinke in Ffm zu einer hausgemachten katastrofe aus, weil, solange und in dem maße wie sie sich weigert, diese auszusprechen, als solche zu analysieren, ihr ins gesicht zu sehen und damit ihrem eigenen zustand, der am 4.5. einem offenbarungseid gleichgekommen ist. bis jetzt, mitte mai, gibt es nicht nur keine elementar-basisdemokratische auswertungsversammlung, die über eine anfängliche oberflächliche bestandsaufnahme des 1.5. hinausgekommen wäre - eine versammlung zur bestandsaufnahme und einschätzung des 4.5. hat es tatsächlich nicht mehr gegeben, die diese bezeichnung verdient -, sondern die »autonome antifa« hat sogar die beschlossene und von einer handvoll mehr oder weniger veteranInnen der regionalen restlinken dann abgehaltene fortsetzung der basisversammlung zur einschätzung des 1. und vor allem auch 4.5. regelrecht sabotiert, was ein affront gegen alle und jede kräfte der antifaschistischen radikalen einheit ist, die dieser elitär gewordenen informellen profikaderstruktur nicht angehören. der montag, 13.5.2002 ist somit ein offener bruch des elitär-bakuninistischen mini-kaders unter dem label »autonome antifa Ffm« mit der elementarsten basisdemokratie und jeder ernsthaften politisch-sozialen bindung und verbindlichkeit revolutionären anspruchs überhaupt.

diese schon längst zu offener diskussion & theorieaneignung unfähige, unwillige »antifa« will jetzt offenbar nicht nur ihrer am 4.5. zutagegetretenen niederlage, sondern ihrer ganzen politischen, ideologischen und radikalen nichtigkeit ausweichen, sie drückt sich, versteckt sich vor sich selbst. damit sind die rudimentären elemente radikaler und revolutionär-antikapitalistscher bewegung in sachen antifaschismus/anti-NS in dieser stadt von nun an ganz auf sich alleine gestellt und müssen einen neuen anfang wagen.

wer sich künftig gegen die staatsmacht & ihre nazis in frankfurt auf die präsenz, kooperation & diskussion der »radikalen linken« verlässt, der/die ist verlassen. sie ist abgetaucht & gewissermaßen niemandem rechenschaftspflichtig! ohnehin ist die auskunft für alle, die aus der erlittenen niederlage lernen wollen und deshalb mit der selbstkritik der »radikalen« linken beginnen, die reflexion & diskussion über taktik & strategie anstreben, von seiten der selbstzufriedenen professionals dieser szene entweder ein wortloses achselzucken oder die gute alte totschlagformel gegen alle »miesmacher, meckerer & kritikaster« einer deutschen »bewegung« seit je: »dann machs doch selber /machs doch besser! hättste doch!!«.

6.

am montag, dem 13.5.2002 fand lediglich noch eine kleine rumpfversammlung - wiegesagt ohne teilnahme irgendwelcher vertreterInnen oder genossInnen der offiziösen »autonomen antifa« -hauptsächlich älterer (»unentwegter«) restlinker zur noch ausstehenden bestandsaufnahme des 4.5. sowie zur politischen gesamteinschätzung des 1. & 5.mai statt, ohne überhaupt ernsthaft angekündigt und ohne offen und weiter bemerkt worden zu sein (sie war de facto eher informell, und von den ein & aus gehenden jungen scene-posern wurde sie mit belustigter bis verbissener verachtung betrachtet).

auch dieser kreis, der die situation anfang mai wenigstens offen und immerfort als »kläglich« für die restlinke bezeichnete, wollte sich unter keinen umständen etwas von »niederlage«, schon garnicht von politischer & inhaltlicher neubestimmung »erzählen lassen«, sondern blieb dezidiert bei einer rein quantitativen bestimmung der kräfteverhältnisse stehen, von politisch-inhaltlich-qualitativen zusammenhängen & bedingungen mochte man nicht sprechen, nichts sehen & nichts hören (die linke ist gut so wie sie ist, sie ist wie sie ist, aber wir müssen so und so viel mehr werden!). stattdessen erging man sich in aktions-mystifikationen. die kader-introversion war am 4.5. »bakuninistisch«? - »es wäre schön gewesen, wenn sie bakuninistisch gewesen wäre!« - irgendwo hatten in der nacht vor dem radrennen im taunus kleine barrikaden gebrannt ...: »das zeigt doch, was möglich wäre, wenn die verhinderung des radrennens am henninger turm wirklich einmal ernst gemeint würde!!« -und: sollten wir nicht mehr oder weniger vom blockadekonzept weg, stattdessen auf 'eigene' aktionstaktiken setzen, wo wir schon so wenige sind...?«

... diese überlegungen mochten taktisch-technisch wenigstens die eingefahrenen geleise zu verlassen suchen, den ausweg aus der linksradikalen bedeutungslosigkeit erblickten sie in irgendwelchen neuen formen »der aktion« und setzten diese fast schon ausdrücklich in gegensatz zu politisch-theoretisch-strategischer orientierungsdiskussion (»wir hier kommen ja doch niemals auf einen gemeinsamen nenner.« basta).

dafür freute man sich allerseits am zuwachs & der kompetenz der antinazi-koordination, »die man ja immer so bespuckt (hat)«. der von einer verschwindenden minderheit eingeforderten politisch-inhaltlichen einschätzungsdiskussion zur eröffnung einer inner-linken strategischen orientierungsmöglichkeit - und zwar in einer kontinuität von jetzt ab bis zum nächsten angriff der nazis und des staats - wurde aus unverhohlen ausgesprochener angst und lustlosigkeit - vor der wiederholung des alleingelassenwerdens wie im letzten sommer - klar eine absage erteilt: vor januar 2003 wird man sich keine »neuen dikussionstermine aufhalsen«- man hat schliesslich auch anderweitig kampagnenmäßig zu tun ...

vor allem will man sich nichts erzählen lassen. diese alt-linksradikale reststruktur gedenkt somit auf ein wunder zu warten (bis wieder massen auf der straße sind - bzw. bis uns die aktionen einfallen, aufgrund derer die massen zu uns strömen bzw. der kompetenz der profis wieder bedürfen! fürwahr: die denkweise bakuninistischer generäle ohne armee), und wer will, kann sich ja im katharinenkirchenbündnis nützlich machen ...

damit ist auch von der handvoll »unentwegter« - zwischen post-l.u.p.u.s. & -«kein friede«-funktionärInnen - die theoriebildung bzw. politisch-strategische diskussion, vor allem aber die letzte übergreifend-demokratische »instanz« für inhaltlich-radikalen diskussionsprozess in dieser stadt jetzt aufgekündigt. die innenwendung der informellen kaderstruktur ist nunmehr perfekt.

die beteiligung der studienvereinigung an den blockade-aktionen war am 1.mai ein kleiner sprung für die wenigen von uns, die sich zu einer technisch-infrastrukturellen einbindung auf der straße einerseits, der inhaltlich-«agitatorischen« vorbereitung auf politische intervention als theorie-praxis-lokal andererseits zusammenraufen konnten. unserer verantwortung auf der straße genügten wir nur äusserlich, dem scheine nach; als miserabel vereinheitlichtes kollektiv versagten wir diesmal noch und kamen mit viel glück und einem blauen auge davon; intern dürften wir aus diesem abenteuer mit heilsamem schrecken gelernt haben. d.h.: entweder lassen wir uns einstweilen garnicht mehr auf solche abenteurerische selbstüberforderung ein, solange wir eben keine verbindliche und verlässliche, minimal kohärente struktur sind, denn solange bleibt ein derartiges interventionsexperiment schlicht verantwortungslos. oder wir streben energisch endlich eine solche kohärenz und verbindlichkeit an: das setzt allerdings ein überlegtes und solides konzept für unser theorie/praxis-verhältnis bzw. unsere möglichkeiten zu aktion/intervention voraus. nicht zuletzt einen quantitativen sprung in der aktiven teilnahme i.m sinne von mitglieder-verbindlichkeit, also ob wir wollen oder nicht: eine dahingehende statuarische regelung und selbstdefinition/selbstverpflichtung.

das wird äusserst schwierig und heikel sein, denn wir sind nicht nur keine herkömmliche »organisation«, sondern wollen ja auch keine solche werden. von der inhaltlich-«agitatorischen« vorbereitung als theorie-praxis-lokal lässt sich ein qualitativer sprung vorzeigen, der sogar eine gewisse - wenn auch »erstickte«, abgeblendete - ausstrahlung gezeitigt haben dürfte, einfach nur als präsenz und bereitschaft in der struktur und der stadt/region. d.h. mehr leute haben mitbekommen, dass es uns gibt & dass wir eine revolutionäre communistische stimme darstellen bzw. sogar zu sammeln/bündeln vermöchten. dieses dünne stimmchen haben wir allerdings kaum eingesetzt.

das ist das eigentliche versagen, das schmerzhafte ungenügen unsererseits. am 1. mai stand uns endlich ein lautsprecher zur verfügung, wir setzten ihn aus guten wie schlechten gründen garnicht inhaltlich ein, weil das höchstwahrscheinlich penetrant-sektiererisch gewirkt hätte in der gegebenen situation. am 4.mai aber haben uns sowohl lautsprecherwagen wie wenigstens unser eigenes megafon gefehlt, wo die abwesenheit jeglicher radikalen struktur als sichtbarer und hörbarer geradezu ein desaster war!

sämtliche der dringend inhaltlich einzusetzenden agitationsmittel waren und blieben in der hand der staatstragenden bürgerrechtler und apparatfront, und wir waren überhaupt nicht imstande, an sie ranzukommen. uns gab es am 4.5. noch weniger als alle anderen radikalen, was das erscheinende dasein und eigenständige profil betrifft. insofern teilen wir die niederlage vom 4.5. in besonders schwerer, verantwortlicher weise. schon von daher haben wir auch die besondere verantwortung, unserem selbstanspruch als revolutionärer inhalte-katalysator und ort für radikale selbstkritik, lernfähigkeit jetzt nachzukommen und eine schwere schlappe wiedergutzumachen.

von jetzt ab auf »eine eigene technische struktur« zu orientieren hat erstens einen anflug von größenwahn, obwohl es im kern garnicht verkehrt sein kann und angesichts des desinteresses der restlinken an inhaltlicher bearbeitung sich nur aufdrängt, vor allem aber kann es überaus leicht in sektiererische ab schottung und eine alleingänge-schiene hineingleiten, sich verselbstzwecken usw. stattdessen sollten wir die inhaltliche qualität unserer theorieaneignung, -diskussionen und -vermittlungsexperimente in formen hineinarbeiten, die dann technisch von den schon anderweitig an sich nutzbaren mitteln, »vom mega bis zum radio«, aber vor allem auch listigeren, subversiver zu streuenden agitationsformen (die stadt bietet viele flächen dafür) getragen werden können in dem maße wie wir inhaltliche impulse liefern, die sich mehr leuten zur umsetzung anbieten.

für die elemente in der restlinken der region, die den gegenangriff auf kapital, staat, weltreaktion & mentale reaktion aller ebenen immer noch im auge behalten, vorhaben, diskutieren & vorbereiten wollen in der verbindung , verschränkung mit der nötigen antifaschistischen abwehr, die sich zur zeit in den vordergrund drängt, liegt der ausweg aus der jetzt eingebrochenen desolaten lage nicht im technisch-logistischen flickwerk allein und schon garnicht in irgendeinem aktionismus-mystizismus, sondern kann nur in der annahme der selbstkritischen inhaltlichen reflexions- und diskussions-herausforderung bestehen, auch wenn wir die letzten mohikanerInnen bzw. die ersten marxianerInnen in dieser landschaft derzeit sein sollten, die damit zu beginnen versuchen: irgendwer muss den anfang machen zur kontinuierlichen und systematischen debatte in dieser stadt über das verhältnis von faschistischen, ns-, rechten, rassistischen, antisemitischen, sexistischen usw. reaktionsformen der gegenwart einerseits, kapitalistischer produktionsweise in der deutschen/ kerneuropäischen besonderheit & aktualität andererseits, natürlich möglichst orientiert auf die konkreten verhältnisse in & um frankfurt ammain.

um eine systematisierung wird dabei keine radikale debatte herumkommen (es gibt sie derzeit hier nicht), die entlang elementaren orientierungspunkten wie den folgenden zu ordnen ist: kategoriale orientierung (kategorien »kapital/ismus«, »staat«,«recht«/«politik«, demokratie, »imperialismus«, »nation«/alismus etc; ökonomische, psychomentale, kulturelle usw. verschränkung & wechselbedingungen, was ist antisemitismus & inwieweit aktuell, rassismus-syndrom, geschlechterrollen & deren herrschaftsfunktionen z.b. derzeit in deutscher sportkampagne etc.) sozialökonomische gemengelage (»klassenanalytisches«) in der regionalen besonderheit; konflikte & konfliktpotenzial; »sozialrevolutionäre« demagogie der pseudo-antikapitalistischen rechten politische, strategische & taktische orientierung ( problem der vermeidung jeglicher stellvertreterpolitik /repräsentation, problematik von spontaneismus, avantgardismus & revolutionärem ferment etc.) orientierung auf vermittlung »zu den normalen leuten«, d. h. nicht »schon« linken oder »radikal« sich verstehenden; therapie des »linksradikalen« autismus wie des apparategebundenen lohnspießertums; problem von »bündnispolitik« (nutzen der antinazikoordination o.ä.); fragen der form, aufhebung des dualismus »aktionismus vs. kontemplation«; revolutionäre inhalte & alltägliche wie spektakuläre ansatzmöglichkeiten; historische & aktuelle erfahrungsauswertung (soweit nur als erstes brainstorming)

die auffassung & attitüde »wir kommen sowieso auf keinen gemeinsamen nenner, basta.« ist konterrevolutionär und dient letztlich nur den nazis & der staatlichen präventivgewalt. eine solche kontinuierliche diskussion braucht jetzt endlich ihre zeit und ihren ort.

P.C.

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