Klaus Winter: Monopolkapitalismus und Finanzkapital. (2c+d)

2. Das Finanzkapital

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c) Das englische Bankwesen

Im Unterschied zum deutschen Universalbanksystem ist das englische Bankwesen durch eine reich gegliederte Arbeitsteilung gekennzeichnet. Die großen Aktienbanken waren reine Depositenbanken, d.h. sie waren auf den ersten der beiden oben genannten Geschäftsbereiche spezialisiert: sie nahmen Depositen herein und betrieben das kurzfristige Kreditgeschäft. Dagegen wurde das Emissions- und Anlagegeschäft von speziellen Kapitalanlagegesellschaften betrieben, Investment Trusts, die wiederum keine regulären Bankgeschäfte (in der Art der Depositenbanken) betrieben und überhaupt nicht als Banken angesehen wurden. Das Kapitalanlagegeschäft außerhalb Englands war wiederum Aufgabe spezieller Banken, der Übersee- und Kolonialbanken, während die großen britischen Depositenbanken außerhalb Englands kaum in Erscheinung traten. Das internationale Bankgeschäft, Finanzierung des britischen Importhandels, Vermittlung des internationalen Wechselverkehrs, Emission ausländischer Staatsanleihen wurde von den Merchant Bankers gepflegt; die Merchant Banks waren private Bankhäuser, die aus Handelsfirmen entstanden waren, die seit dem 18. Jahrhundert ins Bankgeschäft eingedrungen waren. Keine der hier genannten Banken betrieb das Emissions- und Anlagegeschäft für die englische Industrie. »Es ist bekannt, daß die englischen Banken keine Wertpapiere emittieren (...) aber auch die Privatbankiers (...), die großen Finanziers und Maklerfirmen, nehmen regelmäßig nicht das geringste Interesse an heimischen Industriewerten.« [144]

Wenn der Begriff des »Finanzkapitals«, obgleich in theoretisch falscher Weise, immerhin deutsche Verhältnisse widerspiegelt, so erweist er sich angesichts des englischen Bankwesens als falsche Verallgemeinerung. Universalbanken, die dauernde und intensive Verbindungen zur Industrie pflegen, gab es in England nicht. Riesser, aus dessen Werk über »die deutschen Großbanken und ihre Konzentration« Lenin mehrfach zitiert, schreibt: »Allerdings steht fest, daß die englischen Joint Stock Banks (Aktienbanken - d. V.), wie es die Theorie verlangt, direkt dem Gründungs- und Emissionsgeschäft und der Börsenspekulation ferngeblieben sind. Damit ist aber zunächst der große Übelstand verbunden, daß sie auch keinerlei Interesse an den neu gegründeten Gesellschaften und den von diesen emittierten Werten nahmen und nehmen, während es ein besonderer Vorzug des deutschen Systems ist, daß die deutschen Banken, schon im Interesse ihres Emissionskredits, die Entwicklung der von ihnen gegründeten Gesellschaften dauernd kontrollieren.« [145]

Am Rande deutet Riesser hier an, daß dem englischen Bankwesen eine eigene Theorie entsprach. Nach englischer Auffassung gehörte der langfristige Anlagekredit gar nicht zum Bankwesen. »Reguläres« Bankgeschäft war nur der kurzfristige Kredit, und nur dieses war soliden Banken gestattet. Für diesen Geschäftszweig hatten sich feste Grundsätze und Regeln herausgebildet, an die jeder Bankier sich halten konnte und die er im eigenen Interesse auch befolgte. [146] Etwa bis zum Ende des 19. Jahrhunderts herrschte auch in der deutschen bürgerlichen Ökonomie die Auffassung vor, das eigentliche, legitime Bankwesen sei das englische, dagegen sei das Gründungs- und Emissionsgeschäft nicht Sache der Bank. [147]

Aber in Deutschland hatte die Realität längst andere Wege beschritten, und die Theorie mußte dem Rechnung tragen. Es entstand eine umfangreiche Literatur zu der Frage, ob Universalbanken oder spezialisierte Banken die Aufgaben eines Kreditinstituts besser erfüllen. [148] Man studierte die geschichtliche Entwicklung der deutschen Banken, verfolgte deren Konzentrationsprozeß und die Entwicklung ihrer Beziehungen zur Industrie, verglich die Stabilität und Leistungsfähigkeit des deutschen Bankwesens mit dem anderer Länder, insbesondere Englands, untersuchte die Finanzierungsgesellschaften im Ausland (die nicht Banken zu sein brauchten) und bemühte sich, Grundsätze, Leitlinien und Ratschläge für das Universalbankwesen zu entwickeln. In diesen Zusammenhang gehören u.a. die Arbeiten von Schulze-Gävernitz, Jeidels und Riesser, die den Typ der Universalbank befürworteten. Dabei wurde aber auch deutlich, daß es unterschiedliche historische Voraussetzungen waren, die den verschiedenen Banksystemen zugrunde lagen. Riesser schreibt z. B.: »Die deutschen Banken haben sich (...) von Anfang an in engstem Zusammenhang mit dem noch geringen Vermögen der Bevölkerung und mit den Bedürfnissen der deutschen Industrie und des deutschen Handels, direkt entgegen dem englischen System entwickelt, welches seinerseits in engster Verbindung mit den englischen Bedürfnissen, mit der in England vorhandenen Verkehrs- und Kreditkonzentration und dem englischen Reichtum - alles Momente, die in Deutschland fehlen - von Anfang an eine scharfe Trennung der Depositenbanken von den übrigen Banken durchgeführt hat.« [149]

Der Umbruch in der deutschen bürgerlichen Theorie fand einen bestimmten Niederschlag und eine besondere Verarbeitung in den Ideen Hilferdings, der versucht, diesem Prozeß der Herausbildung des deutschen Universalbankensystems in marxistischem Vokabular theoretische Gestalt zu verleihen. Da er, wie sich zeigen wird, dabei das zinstragende Kapital überhaupt und speziell die Emissionstätigkeit der Banken mit dem Wucher verwechselt, ist es nötig, die Rolle, die das Wucherkapital in der Marxschen Theorie spielt, kurz zu erläutern.

Marx zählt das Wucherkapital zu den vorsintflutlichen Formen des Kapitals, die der kapitalistischen Produktionsweise lange vorausgehen. Es ist eine Form des zinstragenden Kapitals, aber charakterisiert durch die nichtkapitalistischen Borger: einerseits »verschwenderische Große, wesentlich Grundeigentümer;« andererseits kleine, ihre eigenen Produktionsmittel besitzenden Produzenten, »worin der Handwerker eingeschlossen, aber ganz spezifisch der Bauer«. [150] Dagegen ist für das zinstragende Kapital auf Basis der kapitalistischen Produktionsweise, wie oben bereits erwähnt, das Verleihen an Kapitalisten charakteristisch. Mit der Entwicklung des modernen Kredit- und Bankwesens, das sich im Kampf gegen das Wucherkapital herausbildet, wird das zinstragende Kapital den Bedingungen und Bedürfnissen der kapitalistischen Produktionsweise angepaßt.

Dagegen behält das zinstragende Kapital die Form von Wucherkapital »gegenüber Personen und Klassen oder in Verhältnissen, wo nicht im Sinn der kapitalistischen Produktionsweise geborgt wird und geborgt werden kann; wo aus individueller Not geborgt wird wie im Pfandhaus; wo dem genießenden Reichtum für Verschwendung geborgt wird; oder wo der Produzent nichtkapitalistischer Produzent ist, kleiner Bauer, Handwerker etc., also noch als unmittelbarer Produzent Besitzer seiner eigenen Produktionsbedingungen; endlich wo der kapitalistische Produzent selbst auf so kleiner Stufenleiter operiert, daß er sich jenen selbst arbeitenden Produzenten nähert.« [151] Das Wucherkapital ist also nicht die für die kapitalistische Produktionsweise charakteristische Form des Kapitals; wo es herrscht, weist es auf vorkapitalistische Produktionsverhältnisse hin.

Hilferding weiß, daß in England »die Depositenbanken nur Zirkulationskredit vermitteln« [152]. Mit diesem »Zirkulationskredit« ist der kommerzielle Kredit gemeint, der Kredit, den sich »die in der Reproduktion beschäftigten Kapitalisten untereinander geben« [153], wie Marx sagt, und der sich mit dem Geldkredit der Bank verbindet. Von seiten der Bank handelt es sich also hier um das kurzfristige Kreditgeschäft, das »echte« Bankgeschäft nach englischer Theorie, das in Hilferdings Konzeption nun eine doppelte Rolle spielt: erstens erhebt er die Form der englischen Depositenbank zu allgemeinen Bestimmung des Bankkapitals, zweitens beschränkt er die Unterordnung des zinstragenden Kapitals unter die Bedingungen der kapitalistischen Produktion auf die Vermittlung des kommerziellen Kredits:

»Das Wucherkapital wird dem Industriekapital untergeordnet (...) Als Bankkapital vermittelt es die Kreditoperationen unter den Produktiven.« [154] »Es« ist im letzten Satz immer noch das Wucherkapital, das Hilferding hier mit dem zinstragenden Kapital überhaupt verwechselt und das jetzt in der Form der englischen Depositenbank auftritt, in der es, statt zu wuchern, als bescheidener Vermittler sich mit Wechselgeschäften und dergleichen begnügen muß. Geht nun das verkappte Wucherkapital dazu über, Anlage- und Emissionsgeschäfte zu tätigen, langfristige Kredite für Anlage von fixem Kapital zu gewähren, so wächst es nach Hilferding bereits aus der Form des »Bankkapitals« - obwohl in Wirklichkeit nur aus der Form der englischen Depositenbank - heraus und hebt damit zugleich die Unterordnung unter das industrielle Kapital - in Wirklichkeit nur die Beschränkung auf das »reguläre« Kreditgeschäft - auf. Denn mit dem langfristigen Kredit für fixe Kapitalanlagen »ändert sich aber zugleich die Stellung der Banken zur Industrie.« [155] »Aus dem augenblicklichen Interesse wird ein dauerndes Interesse, und je größer der Kredit, je mehr vor allem der Anteil des in fixes Kapital verwandelten Leihkapitals überwiegt, desto größer und desto bleibender dieses Interesse.

Gleichzeitig wächst aber der Einfluß der Bank auf das Unternehmen (...)« [156] Mit der Entwicklung der Aktiengesellschaften und dem Emissionsgeschäft schließlich streift das Wucherkapital die Formen der Unterordnung unter die kapitalistische Industrie endgültig ab und kommt wieder zu sich selbst. Wie es früher die kleinen Produzenten aussaugte und das reiche Grundeigentum ruinierte, so jetzt die große Industrie:

»Die Mobilisierung des Kapitals und die stets stärkere Ausdehnung des Kredits ändert allmählich die Stellung der Geldkapitalisten vollständig. Die Macht der Banken wächst, sie werden die Gründer und schließlich die Beherrscher der Industrie, deren Profite sie als Finanzkapital an sich reißen, ganz wie einst der alte Wucher in seinem ‘Zins’ den Arbeitsertrag des Bauern und die Rente des Grundherrn. Der Hegelianer könnte von Negation der Negation sprechen: Das Bankkapital war die Negation des Wucherkapitals und wird selbst vom Finanzkapital negiert. Dieses ist die Synthese des Wucher- und Bankkapitals und eignet sich auf einer unendlich höheren Stufe der ökonomischen Entwicklung die Früchte der gesellschaftlichen Produktion an.« [157]

Daß Hilferding die Gründertätigkeit, das Emissionsgeschäft und den Handel mit Effekten dem Wuchergeschäft gleichsetzt, fußt wieder auf der Polemik der älteren deutschen Ökonomen, die die englische Banktheorie vertraten. Schäffle sprach von dem »durchaus wucherischen und destruktiven Betriebe« der im Effektengeschäft engagierten Banken, und Adolf Wagner erklärte, daß diese ihre Gewinne »doch vornehmlich der Ausbeutung von Leichtsinn, Unerfahrenheit und Gewinnsucht der am Börsenspiel sich beteiligenden Volkskreise verdankten.« [158] Die Universalbank war in der Tat eine »Synthese«, indem sie das »reguläre« Kreditgeschäft mit dem Effektengeschäft verband und beide Arten der Kreditvermittlung unter einem Dach anbot. Wenn Hilferding das »Finanzkapital« als »Synthese des Wucher- und Bankkapitals« bezeichnet, so verdolmetscht er nur den Standpunkt der älteren bürgerlichen Ökonomie in Deutschland, die in den Universalbanken eine Verquickung des »eigentlichen« Bankgeschäfts mit wucherischer Spekulation sah. Daraus ergibt sich dann die Ansicht, daß mit der Entstehung des Universalbanksystems in Deutschland der alte und eigentliche Kapitalismus, der sich in der englischen Banktheorie widerspiegelt, von einem neuen Kapitalismus abgelöst wird, den die Theorie des »Finanzkapitals« beschreibt.

In dieser Art und Weise, in der Hilferding eine besondere historische Entwicklung mit allgemeinen Begriffen der Marxschen Politökonomie zu fassen versucht, haben sich uns eine Reihe weiterer Fehler gezeigt: Hilferding verwechselt das zinstragende Kapital überhaupt mit dem Wucherkapital, beschränkt das Bankkapital auf die besondere Form der englischen Depositenbank, verwechselt die Vermittlung des kommerziellen Kredits mit der Unterordnung des zinstragenden Kapitals unter die kapitalistische Produktionsweise, während das Emissionsgeschäft als Wucher verstanden wird, der den Bedingungen der kapitalistischen Produktion nicht mehr untergeordnet ist. All diesen Fehlern liegt dieselbe Methode zugrunde, besondere historische Formen falsch mit allgemeinen Begriffen zu identifizieren, die Marx als »notwendig zur Charakterisierung der kapitalistischen Produktionsweise überhaupt« [159] ansah. Die besonderen Formen, die sich in Deutschland entwickelten, schienen daher eine qualitative Änderung im allgemeinen Charakter der Produktionsweise anzuzeigen, einen Vorgang, der sich Hilferding als »notwendig und unumgänglich, weil den Gesetzen der kapitalistischen Entwicklung entspringend« [160] darstellte.

Ausgehend von dieser falschen Verallgemeinerung und ihrer grundsätzlichen Bedeutung sah auch Lenin in der von Jeidels beschriebenen Herausbildung der Universalbanken und ihrer Beziehungen zur Industrie einen qualitativen Wendepunkt, der über den Kapitalismus schlechthin hinausführte: »Das 20. Jahrhundert ist also der Wendepunkt vom alten zum neuen Kapitalismus, von der Herrschaft des Kapitals schlechthin zu der Herrschaft des Finanzkapitals.« [161] Die fehlerhafte Auffassung des Wucherkapitals und seiner Entwicklung, wie Hilferding sie beschrieben hatte, wird man unschwer wiedererkennen in dem Satz: »Der Kapitalismus, der seine Entwicklung als kleines Wucherkapital begann, beendet seine Entwicklung als riesiges Wucherkapital.« [162] Hier wendet Lenin Hilferdings Theorie auf Frankreich an, wo nach seiner Ansicht eine »besonders rasche Entwicklung des Finanzkapitals« [163] vor sich ging und der qualitative Unterschied zwischen der Epoche des Industrie- und der des Finanzkapitals besonders plastisch hervorzutreten schien.

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d) Der französische Rentnerstaat

Zur Darstellung des französischen Finanzkapitals benutzte Lenin die Polemik von Lysis »Gegen die Finanzoligarchie in Frankreich«. Das Bild, das dieser von der französischen Finanzoligarchie zeichnete, zeigt gleichzeitig, was er ihr vorwirft: »Sechs deutsche Banken sind in den Aufsichtsräten der 113 wichtigsten Industriegesellschaften Deutschlands vertreten, Bergbau, Hüttenindustrie, Elektrizität, chemische Produkte (...). Nichts dergleichen existiert bei uns.« [164] Unsere Banken »widmen sich keinem langfristigen Unternehmen, sie lenken den Gang keines einzigen Unternehmens, weder in Frankreich noch im Ausland.« [165] »(...) sie tauchen unser Land in einen Zustand ökonomischen Todes (...) In der Tat, wie könnte sich die Industrie auch entwickeln, wie könnten neue Unternehmungen in Frankreich gegründet werden, da doch alles disponible Kapital systematisch in Ausland exportiert wird?« [166] Was Lysis der französischen Finanzoligarchie zum Vorwurf macht, ist gerade deren »Weigerung«, mit der französischen Industrie zu »verschmelzen«. Im einzelnen freilich enthält die Streitschrift manche Übertreibung [167], doch fand sie in Frankreich starken Widerhall und wirft ein Schlaglicht auf die besonderen Verhältnisse dieses Landes.

Nach geringen Anfängen in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts [168] hatte die Industrialisierung während des 19. Jahrhunderts nur verhältnismäßig langsame Fortschritte gemacht. Auf die Gründe kann hier nicht im einzelnen eingegangen werden. Es sei nur auf den einen charakteristischen Umstand verwiesen, daß mit der Französischen Revolution aus der Auflösung des feudalen Grundeigentums das freie Parzelleneigentum selbstwirtschaftender Bauern hervorgegangen war. Während zum Vergleich in England die freie Bauernschaft bereits etwa um 1750 verschwunden war [169], hielt sich in Frankreich die Abwanderung vom Land auch im 19. Jahrhundert in sehr engen Grenzen, so daß Engels 1877 noch von einem Kleinbauerntum sprechen konnte, »das die große Masse der französischen Bevölkerung bildet« [170].

Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts herrschte in der französischen Wirtschaft das Familienunternehmen vor. [171] Aktiengesellschaften hatten nur geringe Verbreitung gefunden. [172] Zur Bildung von Kartellen kam es nur vereinzelt. [173] Die Kapitalbasis selbst führender Werke der Schwerindustrie war vergleichsweise gering. [174] Das langsame Tempo der Akkumulation zeigte sich auch darin, daß ihre bevorzugte Form die Selbstfinanzierung war; Bankkapital wurde kaum in Anspruch genommen.

»Von den 300 Mill., die 1900 - 1912 für Neuanlagen aufgewendet wurden, kamen nur 20 Mill. von den Banken und ihren Kunden. Deshalb fehlt die sachliche und persönliche Verflechtung der Schwerindustrie mit den großen Kreditinstituten. Die Werke sind unabhängig geblieben, aber sie haben sich dafür auch Beschränkungen auferlegen müssen, wenn es sich um die Ausdehnung ihrer Anlagen handelte.« [175] Was hier von Schwerindustrie gesagt wird, gilt in noch größerem Maße für andere Zweige der französischen Wirtschaft.

Marx bemerkte einmal, daß »in Ländern, wo das industrielle Kapital noch nicht vollständig entwickelt ist, wie in Frankreich«, die Neigung besteht, das zinstragende Kapital als die »Grundform des Kapitals« oder als das Kapital »par excellence« zu halten [176], - eine Neigung, die sich in Frankreich praktisch niederschlug. Das Profitstreben, das sich nur mäßig in der Neuanlage zusätzlichen produktiven Kapitals ausdrückte, äußerte sich um so mehr - zunehmend seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts - in der Anlage festverzinslicher Wertpapiere und urbanem Häuserbesitz. [177] »Der Staat trug das Seine dazu bei, indem er - bereits seit Napoleon III. - in zunehmendem Maße Anleihen lancierte und sich damit diese wegen des weitgestreuten Wertpapierbesitzes breite, durch Spekulation auf Profitmaximierung erpichte Bourgeoisie verpflichtete und an sich band. So zurückhaltend sich diese Bourgeoisie verhielt, wenn es um die Entwicklung des Produktionsapparats ging, so kühn, zunächst sogar geradezu abenteuerlich agierte sie, wenn es sich um Anlagen im Ausland handelte (...)« [178]

An Versuchen, das disponible Kapital der Gesellschaft für die Entwicklung der Industrie zu nutzen, hat es nicht gefehlt. 1852 wurde der Crédit Mobilier gegründet, eine der ersten Universalbanken überhaupt; mit ihm verbanden seine Gründer, ehemalige Vertreter der saint-simonistischen Schule, das Ziel, durch Gründung von Industrieunternehmungen und langfristige Finanzierung der Industrie nicht nur zur Entwicklung der französischen Wirtschaft beizutragen, sondern ein allgemeines Banken- und Kreditsystem zu schaffen, das die Leitung und Regulierung der gesamten Produktion ermöglicht. Marx sah im Crédit Mobilier »eine Form, die übrigens nur in einem Land wie Frankreich vorherrschend werden konnte, wo weder das Kreditsystem noch die große Industrie zur modernen Höhe entwickelt waren«. [179] Sein Bankrott im Jahre 1867 blieb nicht der einzige Rückschlag, den die französischen Banken im langfristigen Anlagegeschäft und der Spekulation mit Effekten erlitten. Der Konkurs der »Société de l'Union Générale« im Jahre 1882, der eine Panik an der Börse und eine allgemeine Bankenkrise auslöste, bedeutete einen Wendepunkt für das französische Bankwesen. Seit dieser Zeit etablierte sich in Frankreich eine Trennung in Depositenbanken und Emissionsbanken (wenn auch nicht in ganz scharfer Form). [180] Die großen Banken wie der Crédit Lyonnais und die Societe Generale, die infolge der Krise schwere Verluste erlitten hatten, bauten ihre langfristigen Kredite ab und wurden - am ausgeprägtesten der Crédit Lyonnais - zu Depositenbanken. Aber auch die Emissionsbanken, die im übrigen erheblich kleiner waren als die genannten Depositenbanken, hatten an der französischen Industrie kaum Interesse und waren nur ganz vereinzelt an Industriegesellschaften beteiligt. [181] Dieses geringe Interesse deckte sich aber mit der schwachen Nachfrage der Industrie nach langfristigen Krediten und der geringen Zahl der Aktiengesellschaften.

Grundsätzlich ist jedenfalls festzustellen, daß der Typ der Universalbank aufgegeben worden war. An die Stelle engerer Beziehungen zur Industrie Frankreichs trat das ausländische Anlagegeschäft, wobei wiederum nicht die direkte Industriefinanzierung, sondern Staatsanleihen dominierten. [182] »Wenn die Anlagebanken sich stärker im Ausland als daheim engagierten, so lag das sicher nicht nur daran, daß sie sich hier mehr Gewinn erwarten konnten, sondern offensichtlich auch daran, daß die französische Industrie, in der es vor dem Ersten Weltkrieg nur relativ wenige Großunternehmungen gab, den reich alimentierten französischen Kapitalmarkt nur in ziemlich bescheidenem Umfang in Anspruch nahm.« [183]

Lysis stellt den Zusammenhang auf den Kopf, wenn er den Kapitalexport der »Wucherer Europas« [184] für den »ökonomischen Tod« (auch eine seiner Übertreibungen) Frankreichs verantwortlich macht; Lenin folgt ihm darin: »Alle Verhältnisse des Wirtschaftslebens erfahren infolge dieser Wandlung des Kapitalismus eine tiefgehende Veränderung.« [185] Die Reichlichkeit des französischen Leihkapitals war weder Ausdruck eines hochentwickelten, »überreifen« [186] Kapitalismus noch einer »besonders raschen Entwicklung des Finanzkapitals«, sondern Begleiterscheinung einer zögernden industriellen Entwicklung und einer weitverbreiteten Bevorzugung zinstragender Anlagen.

Es entspricht den irreführenden Verallgemeinerungen Hilferdings, daß Lenin die Verschmelzung von Bank- und Industriekapital sowie die Abhängigkeit der Industrie von den Banken an britischen und besonders französischen Banken zu demonstrieren versucht. Ausgehend von der Kontoführung für bestimmte Kapitalisten schreibt er:

»Sobald aber diese Operation Riesendimensionen annimmt, zeigt sich, daß eine Handvoll Monopolisten sich die Handels- und Industrieoperationen der ganzen kapitalistischen Gesellschaft unterwirft, indem sie - durch Bankverbindungen, Kontokorrente und andere Finanzoperationen - die Möglichkeit erhält, sich zunächst über die Geschäftslage der einzelnen Kapitalisten genau zu informieren, dann sie zu kontrollieren, sie durch Erweiterung oder Schmälerung, Erleichterung oder Erschwerung des Kredits zu beeinflussen und schließlich ihr Schicksal restlos zu bestimmen, die Höhe ihrer Einkünfte zu bestimmen, ihnen Kapital zu entziehen oder ihnen die Möglichkeit zu geben, ihr Kapital rasch und in großem Umfang zu erhöhen usw.« [187]

Deutlicher läßt sich kaum ausdrücken, daß der Kapitalismus als eine auf Gesetzen beruhende Produktionsweise verschwunden ist und an seine Stelle die Allmacht der Monopolisten getreten ist. Denn wie können die »Handels- und Industrieoperationen der ganzen kapitalistischen Gesellschaft« noch von den Gesetzen der Warenproduktion bestimmt sein, wenn sie einer Handvoll Monopolisten unterworfen sind? Diese bestimmen die Höhe der Einkünfte, die unter kapitalistischen Bedingungen durch die Produktion des Mehrwerts und die allgemeine Profitrate geregelt wird; sie erleichtern und erschweren den Kredit, der im Kapitalismus der Bewegung der allgemeinen Zinsrate unterworfen ist; sie bestimmen restlos das Schicksal der einzelnen Kapitalisten, das auf Basis des Kapitals der Konkurrenz unterworfen ist. Wenn eine Handvoll Monopolisten das wirklich kann, was Lenin ihr zuschreibt, dann bestimmen sie tatsächlich die gesamte Produktion der Gesellschaft, wenn auch nicht im Interesse der Allgemeinheit.

Als empirischen Beleg stellt Lenin eine Zunahme der Zahl der Niederlassungen, Filialen, Aktienbeteiligungen, Konten oder auch Briefe verschiedener Banken fest, um fortzufahren: »Diese einfachen Zahlen zeigen wohl anschaulicher als langatmige Betrachtungen, wie sich mit der Konzentration des Kapitals und dem Wachstum des Umsatzes die Bedeutung der Banken von Grund aus ändert.« [188] Zwar zeigen die Zahlen die Ausdehnung der Tätigkeit der Banken, aber was für eine Tätigkeit sich ausdehnt, bleibt im einzelnen Fall zu prüfen. Daß der Hinweis auf die Filialnetze der englischen Großbanken [189] in die Irre führt, geht aus dem Abschnitt über das englische Bankwesen bereits hervor. Dasselbe gilt aber auch von den drei französischen Großbanken, die Lenin nennt. [190] Das Comptoir National d'Escompte war 1848 von vornherein als Depositenbank nach englischem Vorbild gegründet worden. Der Crédit Lyonnais und die Société Générale haben sich zur selben Zeit, in der sich die deutschen Banken zu Universalbanken entwickelten, aus der Industriefinanzierung zurückgezogen. Eine Kontrolle der französischen Industrie strebten sie weder an noch hatten sie die Mittel dazu.

»Eine der drei größten Banken Frankreichs, der ‘Crédit Lyonnais’, schreibt Lenin, »hat z. B. ein besonderes Finanzstudienbüro (Service des etudes financieres) eingerichtet. Dort arbeiten ständig über 50 Personen - Ingenieure, Statistiker, Nationalökonomen, Juristen (...) Die Folge ist einerseits eine immer größere Verschmelzung oder, nach einem treffenden Ausdruck N.I. Bucharins, ein Verwachsen mit dem Industriekapital, und andererseits ein Hinüberwachsen der Banken in Institutionen von wahrhaft ‘universalem Charakter’« [191]

Auf die französische Wirklichkeit und den Crédit Lyonnais im besonderen trifft Lenins Folgerung nicht zu. Der Crédit Lyonnais war umgekehrt, infolge bitterer Erfahrungen, auf Vermeidung jeglichen Risikos und Vergrößerung der Sicherheit bedacht. In den Formulierungen, mit denen die Direktion ihre Schreiben an die russischen Filialen regelmäßig schloß, kommt die Scheu vor den Risiken industriellen Engagements deutlich zu Ausdruck: »Vermeiden Sie Risiken, vergrößern Sie ihre Sicherheitsmargen, vermehren Sie die klassischen Bankgeschäfte wie das Diskontgeschäft, enthalten Sie sich jedes gewagten Engagements gegenüber den Industriellen!« [192] Das klassische Bankgeschäft ist das »reguläre« Bankgeschäft der englischen Banktheorie; diese Klassik war das Vorbild des Crédit Lyonnais.

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Schlußbemerkung

In theoretischer Hinsicht besteht der zentrale Punkt der hier vorgetragenen Kritik darin, daß die Konzeption eines monopolkapitalistischen Stadiums auf einem fehlerhaften Verständnis der freien Konkurrenz beruht. Diesem zufolge besteht die freie Konkurrenz in der Abstraktion von Hindernissen, speziell von Monopolen, deren Fehlen als selbständige Voraussetzung für die Durchsetzung der ökonomischen Gesetze aufgefaßt wird und deren Auftreten dementsprechend der Verwirklichung der Gesetze zunehmend Schranken setzt. Wesentliche Züge des monopolkapitalistischen Stadiums - Allmacht der Monopole, Beschneidung der objektiven Gesetze, bewußte Regelung der Produktion trotz privater Aneignung - sind die Kehrseite dieser inhaltslosen, nur negativen Auffassung der freien Konkurrenz. Im Begriff des Finanzkapitals - der Banken, die zu allmächtigen Monopolinhabern angewachsen sind und über die gesamtgesellschaftliche Produktion in zunehmenden Maße verfügen - gewinnt dieses fehlerhafte Verständnis seinen zusammenfassenden Ausdruck. Es ist darin offensichtlich eingeschlossen, daß diese »Art neue Gesellschaftsordnung« kein Kapitalismus mehr ist. Ebenso offensichtlich ist es, daß Lenin damit in zentralen Punkten die Theorie Hilferdings in eigenen Worten wiedergibt.

Man mag dem entgegenhalten, daß sich die historische Realität um die Jahrhundertwende tatsächlich in der von Lenin beschriebenen Weise gewandelt hatte; daß die ökonomische Theorie von Marx auf das 19. Jahrhundert, auf das 20. Jahrhundert dagegen die Theorie Lenins - bzw. Hilferdings - zutrifft. Um so dringlicher wäre dann eine konkrete historische Untersuchung, die diesen Wandel belegt.

Tatsächlich war es Lenins eigene Zielsetzung, anhand möglichst vieler Äußerungen bürgerlicher Ökonomen die »neueste Ökonomik« des Kapitalismus darzustellen. [193] Der damit verbundene empirische Charakter der Schrift hat aber nicht nur den Nachteil, daß die grundsätzlichen Behauptungen über die neuen ökonomischen Verhältnisse des monopolistischen Stadiums nicht in ihrer theoretischen Problematik erfaßt und diskutiert werden, sondern weist selbst in zweifacher Hinsicht enge Grenzen auf. Einerseits führt die Übernahme zentraler Auffassungen Hilferdings dazu, daß Auswahl und Interpretation der Zitate bürgerlicher Autoren durch dessen theoretisches Verständnis vorgeprägt und begrenzt sind; anderseits ist die empirische Darstellung im großen und ganzen auf Deutschland beschränkt.

Selbst ein oberflächlicher Blick auf die ersten Kapitel der Imperialismusschrift zeigt, daß ein »Gesamtbild der kapitalistischen Weltwirtschaft«, das zu zeichnen Lenin als Hauptaufgabe seines Werkes angegeben hatte [194], gerade für die tragenden Begriffe dieser Theorie auch nicht annähernd erkennbar ist. Ober England wird im ersten Kapitel nur die theoretische Ansicht von H. Levy vorgestellt, im zweiten Kapitel wird nur eine Zahlenangabe über Niederlassungen und Filialen englischer Banken gemacht, die in einem falschen Zusammenhang erscheint, im dritten Kapitel wird England praktisch nicht erwähnt - aber im vierten Kapitel wird der britische Kapitalexport als Betätigung des britischen Finanzkapitals verstanden.

Zu Frankreichs Monopolkapitalismus findet sich im ersten Kapitel keine einzige Aussage, im zweiten Kapitel werden die französischen Depositenbanken fälschlich als Finanzkapital aufgefaßt, die Ausführungen im dritten Kapitel - unter Bezug auf Lysis - gehören dem Inhalt nach bereits vollständig zum vierten Kapitel, mit dem wiederum die Darstellung der internationalen Tätigkeit des französischen Finanzkapitals aufgenommen wird.

Es gibt nur ein einziges Land, mit dessen Darstellung Lenin alle Themen - vom Kartell bis zum Kapitalexport - abdecken konnte: Deutschland.

Das hat in der Hauptsache objektive Gründe. Wenn auch in theoretisch verquerer Form, hatte Hilferding deutsche Verhältnisse (obwohl auch in einigen anderen kontinentaleuropäischen Ländern und in den USA Universalbanken entstanden) unzulässig verallgemeinert. Kestner und Jeidels kommt in diesem Zusammenhang insofern eine wichtige Rolle zu, als Lenin zentrale theoretische Aussagen auf deren Arbeiten stützen will. Nimmt man deren Werke in ihrem ganzen Umfang und in ihrem eigenen Zusammenhang zur Kenntnis, so muß man feststellen, daß sie der Theorie eines neuen monopolistischen Stadium grundsätzlich widersprechen, vielmehr eine empirische Stütze für die Richtigkeit des Marxschen »Kapitals« darstellen, von dessen Boden aus sie durchaus nachvollziehbar und begreifbar sind. Zu einem ähnlichen Befund führt die Lektüre der »deutschen Kreditbank« von Schulze-Gävernitz, von dem Lenin weniger die Darstellung des Kreditwesens selbst, als vielmehr die mit Hilferdings Theorie übereinstimmende Interpretation der Bankenkonzentration übernimmt, wie auch die Lektüre von Lysis, dessen »Finanzoligarchie« in Wirklichkeit nicht Ausdruck der von Lenin behaupteten »Verschmelzung« von Banken und Industrie ist.

Die Leninsche Theorie des Monopolkapitalismus ist nicht nur mit der Marxschen ökonomischen Theorie nicht vereinbar, ihr liegt auch keine hinreichende Untersuchung der Realität zugrunde. Man wird bei der notwendigen Untersuchung der ökonomischen Verhältnisse des 19./20. Jahrhunderts - speziell des Imperialismus - genau das tun müssen, was Lenin nicht gelungen ist. Man wird vom Marxschen »Kapital« ausgehen und auf diesem Boden eine konkrete Untersuchung der historischen Wirklichkeit vornehmen müssen, die die Besonderheiten der verschiedenen kapitalistischen Länder berücksichtigt.


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Fussnoten

  1. Theodor Vogelstein, Die Industrie und der Kapitalmarkt, Bank-Archiv, 8. Jg. (1909), Nr. 22, S. 342; zitiert nach: Riesser, Die deutschen Großbanken und Ihre Konzentration im Zusammenhang mit der Entwicklung der Gesamtwirtschaft in Deutschland, Glashütten im Taunus, 1971, S. 202 f. Fußnote (Unveränderter Nachdruck der Ausgabe Jena 1912)
  2. Riesser, a. a. O., S. 444
  3. Karl Erich Born, Geld und Banken im 19. und 20. Jahrhundert, Stuttgart 1977, S. 310; Born gibt einen Überblick über die Geschichte der Banken und Bankensysteme verschiedener Länder.
  4. siehe z. B. Johann Plenge, Die erste Anlagebank. Gründung und Geschichte des Crédit Mobilier, Essen, 1921, S. VIII
  5. Umfangreiche Literaturhinweise finden sich bei Adolf Weber, Depositenbanken und Spekulationsbanken. Ein Vergleich deutschen und englischen Bankwesens, München und Leipzig 1915 (1. Auflage 1902)
  6. Riesser, a. a. O., S. 437
  7. MEW 25, S. 608
  8. MEW 25, S. 613 f.
  9. Hilferding, a. a. O., S. 308 / a. a. O., S. 305
  10. MEW 25, S. 496; Hilferding. a. a. O., S. 129 / a. a. O., S. 114
  11. Hilferding, a. a. O., S. 310 / a. a. O., S. 307
  12. Hilferding, a. a. O., S. 118 / a. a. O., S. 103
  13. Hilferding, a. a. O., S. 119 /a. a. O., S. 104
  14. Hilferding, a. a. O., S. 310 / a. a. O., S. 307
  15. zitiert nach: Adolf Weber, a. a. O., S. 6; Schaffte, Kapitalismus und Sozialismus, S. 249; A. Wagner in: Sattler, Die Effektenbanken, Leipzig 1890, Vorwort S. VIII
  16. MEW 25, S. 413
  17. Hilferding, a. a. O., S. 98 / a. a. O., S. 398
  18. LW 22, S. 229
  19. LW 22, S. 237
  20. LW 22, S. 273
  21. Lysis (Pseudonym von Eugene Letailleur), Contre l'Oligarchie financiere en France, Paris, ohne Jahrgang; hier zitiert nach der 11. Auflage. Lenin wußte, wogegen sich Lysis wendet: »und viel Geschrei dagegen, daß die Banken die französische Industrie nicht unterstützen (...)« (LW 39, S. 210). »Six banques allemandes sont représentées dans les conseils d'administfation des cent treize plus importantes sociétés industrielles d'Allemagne, mines, métallurgie, électricité, produits chimiques (...). Rien de pareil n'existe chez nous.« S. 16
  22. »Et nos banques (...) elles ne se consacrent à aucune entreprise de longue haieine, elles ne dirigent pas et ne contrôlent la marche d'aucune entre-prise ni en France, ni à l'étranger.« (S. 119)
  23. »(...) elles plongent notre pays dans un état de mort économique (...) En vérite, comment l'industrie pourrait-elle se developper, comraent des entreprises nouvelles pourraient-elles être fondées en France, puisque tous les capitaux disponibles sont systématiquement exportes à l'étranger?'» (S. 143 f.)
  24. Dem polemischen Charakter der Schrift dürfte die Aussage geschuldet sein, die vier größten Banken besäßen, wie Lenin schreibt, »nicht ein relatives, sondern ein ‘absolutes Monopol’ bei der Emission von Wertpapieren« und bildeten einen 'Trust der Großbanken’«. (LW 22, S. 137) Zum einen meint Lysis nur die Emission ausländischer Wertpapiere; zum anderen waren daran nicht nur die vier größten Banken beteiligt, womit die vier großen Depositenbanken gemeint sind, sondern auch eine Reihe französischer Emissionsbanken. Vgl. dazu Lysis selbst, a. a. O., S. 8; Born, a. a. O., S. 239 ff.
  25. siehe Claude Fohlen, Die industrielle Revolution in Frankreich 1700 - 1914, in: Europäische Wirtschaftsgeschichte, hrsg. von K. Borchardt, Band 4: Die Entwicklung der industriellen Gesellschaften, Stuttgart/New York, 1977, S. 87 ff.
  26. MEW 23, S. 750
  27. MEW 19, S. 132
  28. Gilbert Ziebura, Interne Faktoren des französischen Hochimperialismus 1871 -1914, in: W.J. Mommsen (Hrsg.), Der moderne Imperialismus, Stuttgart 1971, S. 85
  29. Henri See, Französische Wirtschaftsgeschichte, Jena 1936, 2. Band, S. 454
  30. See, a. a. O., S. 459
  31. See, a. a. O., S. 440
  32. See, a. a. O., S. 440 f.
  33. MEW 25, S. 622 f.
  34. Ziebura, a. a. O., S. 88; 1897 schrieb der Finanzattache der russischen Botschaft in Paris, A. Raffalovitch, an seinen Minister S. Witte: »Die französische Industrie hat sich in unvorstellbarer Weise in ihrer Routine festgefahren. Paul Leroy-Beaulieu (Direktor des L'Economiste francais) sagt mir, daß alle großen Hüttenwerke beträchtliche Summen in Renten und Obligationen bei den Eisenbahnen festgelegt haben. Das ist ihr Reservefonds, aus dem sie Dividenden wie die Rentiers beziehen. In anderen Ländern ist es üblich, die Kapitale zur Verbesserung und Erneuerung des Maschinenbestandes zu verwenden und billiger zu produzieren,« zit. nach René Girault, Ein neues Bild des französischen Unternehmers um 1914, in: Wirtschaft und Gesellschaft in Frankreich seit 1789, hrsg. v. G. Ziebura u. Mitw. v. H.-G. Haupt, 1975
  35. Ziebura, a. a. O., S. 88 f.
  36. MEW 25, S. 619
  37. See, a. a. O., S. 345
  38. See, a. a. O., S. 350 f.
  39. Born, a. a. O., S. 243
  40. Born, a. a. O., S. 321
  41. zitiert nach LW 22, S. 237
  42. LW 22, S. 237
  43. LW 22, S. 245
  44. LW 22, S. 218
  45. LW 22, S. 218
  46. LW 22, S. 217
  47. LW 22, S. 217 f.
  48. LW 22, S. 226
  49. zitiert nach Girault, a. a. O., S. 203
  50. LW 22, S. 271
  51. LW 22, S. 193

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