Gegen das Ritual erster Mai: remember counter maydays. 3 Veranstaltungen um den 1.Mai 2007.
Anlässlich der üblichen Rituale zum deutschen Staatsfeiertag »1.Mai – Tag der Arbeit« in der Spannweite zwischen schwarzrotgoldenen Bratwurstständen (»Du hast mehr verdient!«), polizeigeschützten antikapitalistischen NSkamaradenaufmärschen zum »Tag der deutschen Arbeit« -- jetzt auch wieder im Rhein-Main-Gebiet, von der Staatsgewalt ermöglicht -- und der gewohnten »gemeinsamen Aktion pseudorevolutionärer Trümmerhaufen« (»Die Gesellschaft des Spektakels«) versucht theorie praxis lokal einmal einen realistisch-historisch-materialistischen Gegenakzent zu setzen. Statt das blinde Weitermachen-wie-bisher, den von der trotz-alledem-und-alledem (von internationalem Kampftag zu lieber doch nationalem Kampftag) immer siegreich voranschreitenden Arbeiterbewegung durchgehaltenen Idealismus bis in die nächste Katastrophe traditionalistisch zu respektieren oder gar mitzuzelebrieren, halten wir es im Kontrast dazu für angebracht, 2007 allmählich einmal den wirklichen Weltlauf der Arbeiterbewegung und ihrer bisherigen Anläufe zur communistischen Weltrevolution in den Blick zu nehmen. Gerade um diesen »Feiertag« herum drängen sich drei welthistorische Niederlagen auf, an die es – statt irgendetwas noch zu feiern – in grausam-gründlicher Nüchternheit zu erinnern gilt:
- Der Erste Mai in Deutschland = Konterrevolution in Permanenz
- 27.4.1927: 80 Jahre Konterrevolution in China
- 1. - 6.Mai 1937: 70 Jahre Konterrevolution in Spanien
Der Erste Mai in Deutschland = Konterrevolution in Permanenz:
1933 von Hitler direkt nach seiner Machtergreifung auf dem Leichnam der erschlagenen revolutionären Arbeiterbewegung begründeter »Tag der nationalen Arbeit«.
Er wurde eingeführt, um die abdankende Gewerkschaftsführung (ADGB) und von oben nichtzustandegekommene »Einheitsfront« der Arbeiterparteien KPD und SPD noch zur Mobilisierung ihrer preussisch-treudeutschen Parteisoldaten und kämpferisch-aufopferungsbereiten Schlachtlämmer für die Teilnahme an »ihrem« proletarischen Feiertag zu kriegen – tatsächlich gehorchten sie weitgehend dieser usurpatorischen Geste mit dem Aufruf zur Teilnahme an den nun verstaatlichten Aufmärschen – einem volksgemeinschaftlichen Spektakel, das am 1.Mai inszeniert wurde, nur, um mit den S.A.- & staatlichen Formationen schon am 2.Mai die Gewerkschaftshäuser zu besetzen und mit dem Rest der organisierten Arbeiterbewegung im Auftrag des deutschkapitalistischen Reichsprojekts aufzuräumen: so wurde am 1. und 2.Mai 1933, die untrennbar zusammengehören, der NS-Mythos vom »Prolet-Arier« wirkmächtig begründet, an den der Antikap-NS auch heute appelliert. Dieser volksgemeinschaftlich eingeführte deutsche Staatsfeiertag ist bis heute weder beseitigt noch boykottiert worden, sondern »als wäre nichts gewesen« wird er von sämtlichen staatssozialistischen Apparaten – ob riesigen, ob winzigen -- emsig mitgetragen und mitgemacht.
Der 1.Mai ist deshalb in Deutschland längst nicht mehr feierbar, es ist nur eine revolutionäre Trauerarbeit endlich angebracht, ein Eingedenken an die welthistorische Katastrofe, deren Beginn dieser deutsche Staatsfeiertag markiert: denn die säkulare Niederlage der für die proletarische Weltrevolution damals entscheidenden Arbeiterbewegung in Deutschland hat zur hinreichenden Kollaboration der lohnabhängigen Bevölkerung des deutschen Volksstaats – der »Prolet-Arier« in ihrem Selbstgefühl -- bei der Vorbereitung und Durchführung des deutschen Vernichtungskriegs geführt, darüber hinaus bei der volksstaatlich-regierungsamtlich organisierten Massenermordung eines bedeutenden Teils der Menschheit in der Shoah. Gegenüber diesem singulären Bruch aller Fortschritts- und Zivilisations-Versprechen und Standards der Menschheitsgeschichte und allererst der revolutionären Arbeiterbewegung hat auch »das anständige Deutschland«, »das andere Deutschland« und die damit wohl gemeinte restliche demokratisch-revolutionäre Arbeiterbewegung historisch unwiderruflich versagt, ihr gefeiertes Selbstbild ist eine rückwärtsgewandte »what if«-Utopie (Die alte Linke, die immer noch »das bessere Deutschland« träumt und am 1.Mai stur-heil die schwarzrotgoldnen Fahnen »der deutschen Demokratie« - die aber schon 1848 in der Paulskirche ein für allemal versagt hat – in romantisch-antikapitalistischer Eintracht mit den roten und anderen Nationalfahnen schwenkt, »muss daher diese seine Traumgeschichte mit zu den bestehenden deutschen Zuständen schlagen und nicht nur diese bestehenden Zustände, sondern zugleich ihre abstrakte Fortsetzung der Kritik unterwerfen.« Karl Marx in:MEW1:383) Damit hatte das staatliche Reichsprojekt »Deutschland« -- von Bismarck auf den Trümmern der massakrierten Pariser Commune 1871 gegründet – im Resultat ab 8. Mai 1945 historisch und moralisch endgültig sein Existenzrecht verwirkt. (Von der preussisch-deutschen Version des stalinistischen Staatskapitalismus schweigen wir lieber, denn er hat uns seit seinem Verschwinden »in seinem Lauf« die besten Grundlagen für die am meisten in den Neuen Bundesländern konzentrierten und vernagelten »national befreiten Zonen« des Neo-NS beschert: wie fruchtbar muss dieser Schoß »des Antikapitalismus« gewesen sein!) Unglücklicherweise besteht Deutschland immer noch, wurde dieser Volksstaat weiterhin geduldet, hat seine Zweite Schuld und das Stadium seines sekundären Antisemitismus erfolgreich und glücklich spassgesellschaftlich absolviert und feiert nunmehr unverschämte Urständ in der Berliner Republik. Der Rechtsnachfolger des »Dritten Reiches«, dieses heimlich-unheimliche »4.Reich« der Söhne, Töchter und Enkel mit schwarzrotgoldenen Wangenfarben, hat die überlebenden Zwangsarbeitsopfer seines Vater-Landes erfolgreich durch eine »Entschädigungs«-Farce ohnegleichen verhöhnt und abschliessend noch einmal gequält und ist seit dem Überfall auf Jugoslawien sukzessive zur inneren und äusseren Mobilmachung -- der Arbeit rund um die offene Zwangsarbeit und der »Einsatzgruppen«-Militäreinheiten rund um die Welt -- übergegangen. »Bewegt euch! Worauf warten wir noch!?« Im gigantischen neu-volksgemeinschaftlichen Spektakel der WM-Sportifizierung erlebten wir 2006 die von oben und von unten perfekt gelungene Inszenierung »Deutschland steht auf« -- als direkte Ablösung und Kulmination der »Du bist Deutschland«-Kampagne. Was wird die Parole der nächsten Kampagne sein, nachdem zunächst die Sportfreunde stiller geworden sind? »Du arbeitest gut, du hast mehr verdient, du erwehrst dich jetzt der Heuschrecken und Parasiten!«?
Die ersten Tage des Mai können für besseres genutzt werden als hier irgendetwas verlogen oder ignorant zu feiern. Stattdessen sollten Lohnarbeiter_innen (oder noch nicht mal, wie z. B. Erwerbslose, Schüler_innen, Studierende etc.), die sich »links« vorkommen oder gar Revolution im Sinne haben »für den kommunismus« und so, aus Anlass einiger Jahrestage die deutsche Konterrevolution – die postnazistische Restauration von »Deutschland« -- vergleichen und in den welthistorischen Kontext bringen mit der Geschichte der Weltrevolution und -konterrevolution, die nämlich weitergeht. »Ja, die deutsche Geschichte schmeichelt sich einer Bewegung, welche ihr kein Volk am historischen Himmel weder vorgemacht hat noch nachmachen wird. Wir haben nämlich die Restaurationen der modernen Völker geteilt, ohne ihre Revolutionen zu teilen. Wir wurden restauriert erstens, weil andere Völker eine Revolution wagten, und zweitens, weil andere Völker eine Konterrevolution litten, das eine Mal, weil unsere Herren Furcht hatten, und das andere Mal, weil unsere Herren keine Furcht hatten. Wir, unsere Hirten an der Spitze, befanden uns immer nur einmal in der Gesellschaft der Freiheit, am Tag ihrer Beerdigung.« (Karl Marx, in:MEW1:379f)
Im 1.Mai-Staatsfeiertag läuft genau diese Geschichte konsequent symbolisch zusammen. Folgerichtig sind wir jetzt soweit, dass an diesem Tage in Raunheim/Rüsselsheim, von den Neonazis ausgewählten »Arbeiterstädten«, die äusserste deutsche Konterrevolution: der Antikapitalismus, wie ihn Hitler, Goebbels, Strasser, Röhm u.a. nationalistisch-rassistisch und vor allem antisemitisch geprägt haben, zum »Tag der deutschen Arbeit« aufmarschieren will. Der deutsche Staat will diese offenen Nazidemonstrationen natürlich gerichtlich zulassen, polizeilich durchsetzen (mindestens 2000 Polizisten, Verkehrsbetriebe stellen sich für den Nazikameradentransport auch wieder zur Verfügung), und die Staatsgewalt will die glorreichen arbeiterbewegten 1.Mai-Demonstrationen und -feten für Freiheit, Demokratie, soziale Gerechtigkeit etcpp, weit abseits bei Würstchenbuden und Folklore des DGB gehalten, knechtselig der unverschämten Demagogie des Arbeiterpfaffen und »Arbeitsförderungsgesetz«-Ministers Norbert Blüm lauschen lassen, den die Sozialdemokraten eingeladen haben. Diese ganze Konstellation – die mit allen geeigneten Mitteln gestört und mit dem Ziel der effektiven Verhinderung des NS-Aufmarsches durcheinandergebracht werden muss – zeigt doch exakt, was von dem ganzen Mythos des »Kampftages der internationalen Arbeiterklasse« tatsächlich geblieben ist:
Es gibt kein wirkliches Subjekt »deutsche Arbeiterklasse« bzw. Arbeiterbewegung, sondern es gibt nur verstreut und vereinzelt die verschiedenen revolutionären Elemente der globalen produktiven & unproduktiven Gesamtarbeiter_in, die in diesem besonderen, immer reicher und mächtiger und tückischer gewordenen Scheiss-Staat, innerhalb der Festung DeutschEUROland, versprengt überleben müssen oder wollen: als »enfants perdus«, die sich perspektivisch zusammenraufen können als Teile des modernen oder postmodernen Proletariats, das sich cosmopolitisch zur Klasse des Bewusstseins assoziiert, einer globalen Gesellschaftsklasse, die sich bewusst als eine »Klasse mit radikalen Ketten« wahrnimmt, weil sie ihre Arbeitskraft einzeln in Konkurrenz gegeneinander als Ware verkaufen muss, und die sich deshalb klar macht, dass »kein besonderes Unrecht, sondern das Unrecht schlechthin an ihr verübt wird« , Menschen also, die einer revolutionären Sphäre angehören, »welche in keinem einseitigen Gegensatz zu den Konsequenzen, sondern in einem allseitigen Gegensatz zu den Voraussetzungen des deutschen Staatswesens steht, einer Sphäre endlich, welche sich nicht emanzipieren kann, ohne sich von allen übrigen Sphären der Gesellschaft und damit alle übrigen Sphären der Gesellschaft zu emanzipieren.« (MEW1:390) Die gesellschaftliche Arbeit zu emanzipieren von der Form der Lohnarbeit d.h. vom Kapital-Verhältnis, die globale Gesellschaft zu emanzipieren von den Staaten, die Individuen zu emanzipieren von der Klassenteilung und ihren hierarchischen Normen und Trennungen (so auch der Trennungen des Geschlechts). Wie soll das gehen? Realistisch ist nur ein Weg, und den müssen sich die revolutionären Elemente in der Weltarbeiter_innenklasse endlich wieder zu überlegen beginnen: die Welt verändern, indem räte-artige Versammlungen der Arbeiter_innen selber die ungeteilte Macht übernehmen. Wissenschaftlich-kritische Theorie von den Erfahrungen und den Möglichkeiten und Bedingungen eines Übergangs zu communistischer Produktion und Verteilung im Weltmaßstab zusammen betreiben mit der Praxis vieler Experimente, um dahin zu gelangen. Mehr kann im Moment wirklich niemand konkreter sagen. Nur das eine: Diesen kapitalistischen Staat, dieses altböse modernisierte Bollwerk der globalen Konterrevolution »Deutschland« kann nur hochgehen lassen, wer mit dem Weltproletariat aufs Ganze geht: die Proletarität, das Zwangsverhältnis Lohnarbeit & Kapital endlich selber aufzuheben.
» In Deutschland kann keine Art der Knechtschaft gebrochen werden, ohne jede Art der Knechtschaft zu brechen.«(MEW1:391) Fangen wir an diesem 1.Mai mit der Verhinderung der Nazi-Aufmärsche an, welche im Namen des Antikapitalismus für die totalste Verknechtung und Vernichtung aller Möglichkeiten der Befreiung des weltgesellschaftlichen Individuums demonstrieren & agitieren wollen. Da ist sie: die Konterrevolution in Deutschland, an ihrem 1. Mai, für ihr anti-«USrael«- Antiglobalisierungs-Ziel »Arbeit macht frei«!
27.4.1927: 80 Jahre Konterrevolution in China
In China beendete das Regime der »Staat-Volk-Partei« (GuoMinDang) in den Tagen unmittelbar bis zum 1.Mai, dem damals noch lebendigen Kampftag des internationalen revolutionären Proletariats in Chinas großen Küstenstädten und spärlichen Industriezentren, die revolutionäre Arbeiterbewegung auf lange Zeit durch riesige Massaker.
Die gewaltige Kraft des Proletariats in China, das in viel stärkerem Grad aus Frauen und Kindern bestand als seine Zusammensetzung in den meisten anderen Weltregionen und das seit seiner Herausbildung besonders stürmische Klassenkampferfahrungen gesammelt hatte, dieses sehr kämpferische Proletariat und seine Gewerkschaften, vor allem aber seine kommunistischen Elemente (KPChinas seit 1921) wurden durch diese blutigen Massaker gebrochen und die communistische Revolution in China dadurch in eine Entwicklungssackgasse abgelenkt, aus der sie bis heute nicht wieder herausgekommen ist. Denn in China waren die Produktivkräfte insgesamt äusserst gering entwickelt gemessen an den kapitalistisch-imperialistischen Mächten, die das Reich seit Mitte des 19.Jahrhunderts (Opiumkrieg) unterworfen und durchdrungen hatten; die Produktionsverhältnisse hatten noch lange nicht die »asiatische Produktionsweise« überwunden, und der Widerspruch zwischen diesen (lokale Grundherrschaft und zentralstaatliche »asiatische Despotie«) und der kapitalistischen Zersetzung und Einbeziehung in den Weltmarkt hatte schon eine radikale Revolutionsentwicklungskette seit der Taiping-Revolution ausgelöst und hervorgetrieben, die langandauernder war als jede andere Revolution der sich modernisierenden Welt.
Doch diese Revolution, die nun nach der säkularen Niederlage von 1927 von den in rückständigste Bauernregionen geflüchteten KP-Räte-Militär-Partei-Resten unter der Führung des Bauern-Intellektuellen MaoZedong »neu erfunden« werden musste, blieb von da an eine eigentümlich staatsparteimilitärische bürgerliche Revolution mit dem einzigen Ziel und Zweck einer auf die gigantischste, opfermütigste Selbstausbeutung der Massen gestützten nachholenden bürgerlichen Modernisierung, sprich »ursprünglichen Akkumulation des Kapitals« aus der Masse und Substanz der Bauernbevölkerung und des Proletariats, »sozialistisch« blutrot lackiert und auf dem Langen Marsch zu einer staatskommunistisch, bourgeoiskommunistisch perfekt bürokratisierten »konfuzianisch-kapitalistischen« Nation.
Fraglos besteht die ungeheure Leistung des maoistischen Ab- und Sonderweges der nation-building bourgeoissozialistischen Chinesischen Revolution -- dem Gegenteil und einer grauenhaften Farce dessen, was die weltproletarisch-communistische Revolution in China haette werden koennen und sollen -- darin, dass sie durch eine konzentriert spektakuläre, mao-stalinistische Parteistaatspartei-Militärdiktatur die uralte asiatische Stagnation gewaltsam durchbrechen und die Bauernmassen aus der vorsintflutlichen, unterirdischen Hölle der Alten Gesellschaft endlich zu einer Art bürgerlicher Befreiung organisieren konnte. So war das alles gewiss nicht vergeblich, »der Tod eines Revolutionärs wiegt schwerer als der Tai-Berg«(Mao) und der einer Revolutionärin so schwer wie die Hälfte des Himmels, die endlich von jenen Generationen gestürmt worden ist! Aber alles doch nur, um sie der anderen Hälfte einer modernen kapitalistischen »Hölle auf Erden – Bürokratie, Zwangsarbeit und Business in China« (so der treffende Titel einer historisch-materialistischen Analyse um 2000, von Charles Reeve und XiXuanwu) endlich gnadenlos und zynisch-pragmatisch auszuliefern -- nach all den qualvollen Massenopfern der Mao-Ära des »sozialistischen« Aufbaus des »Neuen China« und den völlig verzerrten, teils parteiobrigkeitlich inszenierten, teils wieder »unterirdisch« sich bahnbrechenden echten proletarischen Klassenkämpfen in der »Großen Proletarischen Kulturrevolution« (ab 1966), den kurz aufflammenden Erhebungen des Proletariats in der bürokratisch abgewürgten Commune von Shanghai, der militärisch erstickten Commune von Kanton, der hochbewussten »Proletarischen Allianz von Hunan« ...
Erneut stellt sich heute dem völlig neu entstandenen, nun in Chinas modernisierter Klassengesellschaft brutal dominierenden weil brutal ausgebeuteten, besonders jungen Teil des globalen Proletariats die Frage: wie die communistische Revolution von hier aus selbständig neu zu erfinden ist – ohne einen MaoZedong oder ZhouEnlai ... Um aus der Hölle auszubrechen, die sich heute noch »sozialistische Marktwirtschaft« schimpft und deren »KP«-Staatsparteimafia Tag und Nacht an das durch ihr spezifisches kapitalistisches Ausbeutungsregime selbstgeschaffene Problem denkt, wie die jährlich tausende, weiter anschwellenden »Massenzwischenfälle«, d.h. illegale Streiks und Rebellionen, auf Dauer unterdrückt und kanalisiert, ventiliert werden können. Die »chinesische Herausforderung« besteht also nicht nur als »konfuzianischer Kapitalismus« für die feindliche Geschwisterschaft des Kapitals in der Weltmarktkonkurrenz, sondern durchaus doppelt: als größte Herausforderung eines Fünftels der Menschheit an die cosmopolitische Kommunikation mit diesem proletarischen Untergrund, der ein Teil von uns als Produktiver Gesamtarbeiter_in ist – Herausforderung durch dieses neu herangewachsene proletarisch-revolutionäre Element im heutigen China, das aus den entsetzlichen Blockierungen, gewundenen Ab- und Umwegen der massenhaftesten, längsten und tiefstgreifenden Revolution der letzten 150 Jahre die Erfahrungen, gestaute wie gebändigte Gewalt, die List und sicher auch wieder die Lust und revolutionäre Begierde für den nächsten Versuch den ganzen Himmel zu stürmen gewonnen hat, d.h. für den anstehenden weltweiten Übergang zu communistischer Produktion und Verteilung, für die gesellschaftliche Organisierung von travail attractif anstelle der offenen oder frei zu wählenden Formen von Zwangsarbeit.
theorie praxis lokal bietet im Vorfeld zum 1.Mai 2007 eine historische Skizze und einen historisch-materialistischen Problemaufriss zur Langen Revolution in China:
Freitag 27.4.2007 // 19.30 Uhr im IVI (Frankfurt/M., Kettenhofweg 130):
Vortrag und Diskussion zu »80 Jahre Konterrevolution in China«
Der Vortrag baut auf den Vorarbeiten des Seminars »Maoismus und ML-Bewegung« auf und stellt die modifizierte Fassung eines Vortrags vom 5.11.2006 in Stuttgart dar, den der Referent auf Einladung von »Seltsamer Zusammenschluss« an dessen »Negativem Nachmittag« hielt.
{zur Reihe »Chinesische Revolution und ML-Bewegung« → // zum Dispositiv des Vortrags in Stuttgart}
1.- 6.Mai 1937: 70 Jahre Konterrevolution in Spanien
Die ersten Mai-Tage 1937 gelten als der turning-point des Revolutionskriegs in Spanien. Dieser war im Sommer 1936 so großartig, so berauschend als authentischer communistischer Revolutionsbeginn aus der Defensive der antifaschistischen Kräfte heraus entflammt, dass bis heute mindestens drei große Legenden über seine Geschichte spektakulär geworden sind: der anarchistische Mythos der CNT/FAI (anarchosyndikalistische Milizen, »Kolonne Durruti« & »Freunde Durrutis« sowie POUM), der partei/staats/bourgeoiskommunistische Mythos der Internationalen Brigaden (stalinistische »Kommunistische Internationale« und KP/Republikanische Armee) sowie der Mythos von der Befreiung der Frauen. Wie jeder Mythos, so haben auch diese Bilder vom »Kurzen Sommer der Anarchie« bzw. vom aufopferungsvollen, reinen internationalistischen Kampf der demokratischen Linken gegen den Faschismus usw. ihren festen historischen Wahrheitskern, es gilt jedoch die um jene entgegengesetzten Klassenpole entstandene ideologische Lügenhülle abzusprengen, um ihm gerecht zu werden und das Unabgegoltene aus der Niederlage heraus endlich zu aktualisieren. Grausam-gründlich ging schon die situationistische Einschätzung, unmittelbar nach den Erfahrungen des revolutionären proletarischen Mai der Fabrikbesetzungen in Frankreich 1968, mit der communistischen historischen Selbstkritik um:
»Wäre es auch nur, um die Zurückgebliebenen grölen zu lassen, die immer noch im Streit zwischen Marxisten und Anarchisten stecken, so erinnern wir hier daran, dass die [anarchosyndikalistische revolutionäre Organisation] CNT/FAI -- lässt man das tote Gewicht der anarchistischen Ideologie beiseite, mit ihrer größeren Praxis der befreienden Phantasie – dieselben organisatorischen Vorkehrungen wie die [linken CommunistInnen jener Ära, d.h. die unbeschränkte Autonomie der Arbeiter- & BäuerInnen-Räte] befürworteten. So (...) will die Iberische Anarchistische Föderation [FAI] die [de facto] politische Organisation der bewussten spanischen ArbeiterInnen sein, während ihre CNT [syndikalistische Massenorganisation] damit beauftragt wird, die zukünftige Gesellschaft zu verwalten. Als Elite des Proletariats verbreiten die FAI-Militanten die anarchistische Idee in den Massen, während die CNT die Arbeiter in ihren Gewerkschaften praktisch organisiert. Es gibt trotzdem zwei wesentliche Differenzen, von denen die eine – ideologische – genau das bringen wird, was von ihr zu erwarten war: die FAI will die Macht nicht ergreifen und begnügt sich damit, das gesamte Verhalten der CNT zu beeinflussen; andererseits vertritt die CNT wirklich die Arbeiterklasse in Spanien. Nachdem es also am 1.Mai 1936 – d.h. zwei Monate vor der revolutionären Explosion – vom CNT-Kongress in Zaragoza gebilligt worden war, ist eines der schönsten Programme, die je durch eine vergangene revolutionäre Organisation aufgestellt wurden, teilweise von den anarcho-syndikalistisch organisierten Massen durchgeführt worden, während ihre Führer in Ministerialismus und Klassenkollaboration [mit der bürgerlichen, zunehmend stalinistisch dominierten, republikanischen Regierung] versanken. Mit den Massenzuhältern Garcia Oliver, Secundo Blanco und der Subdirektorin des Bordells, Montseny, erfuhr die antistaatliche libertärcommunistische Bewegung, die schon den anarchistischen [im 1.Weltkrieg sozialpatriotisch umgekippten] Schützengrabenprinzen Kropotkin geduldet hatte, endlich die historische Krönung ihres ideologischen Absolutismus – die Regierungsanarchisten. In seiner letzten historischen Schlacht musste der Anarchismus zusehen, wie die gesamte ideologische Suppe, die sein Wesen ausmachte – [die idealistischen Vorstellungen von] »Staatlichkeit«, »Freiheit« & »Individuum« und sonstiges ausgelaugtes grossgeschriebenes Gewürz – ihm aufs Maul zurückfiel, während die libertärcommunistischen ArbeiterInnen und BäuerInnen seine Ehre retteten. Sie leisteten den größten praktischen Beitrag zur internationalen proletarischen Bewegung, indem sie die Kirchen in Brand steckten, an allen Fronten die Bourgeoisie, den Faschismus und den Stalinismus bekämpften und anfingen, die communistische Gesellschaft zu verwirklichen. « (Situationistische Internationale N°12/1969 »über die Räte und die Räteorganisation«).
Über die konterrevolutionäre Kehrseite der stalinistischen Intervention unter Ausbeutung & Missbrauch der antifaschistischen InterbrigadistInnen wird genauso grausam-gründlich zu sprechen sein. Der stalinistischen Konterrevolution innerhalb bzw. an der Spitze der republikanischen Bourgeoisregierung gelang es schliesslich als treibender Kraft von »innen«, die libertär-communistische Revolution im rückständigen Spanien in eine Falle zu locken und zu entwaffnen, so dass die ganze Massendynamik gebrochen wurde, verloren ging und der antifaschistische Krieg im ersten internationalistischen Anlauf, in Spanien, eine bis heute im Weltproletariat tief nachwirkende, traumatisierende & demoralisierende Niederlage erlitt. Er steht – lösen wir die schmerzstillenden Mythen darum endlich auf – für die Unreife communistischer Bemächtigungsversuche, für nicht hinreichend entwickelte Autonomie des revolutionären Proletariats als Subjekt seiner Geschichte, als sich selbst organiserende Klasse-des-Bewusstseins. So grandios diese Klasse – zusammen mit der Dorfarmut! -- im ersten Drittel des 20.Jahrhunderts bereits als Subjekt des geschichtlichen Handelns hervorgetreten, durchgebrochen ist, so niederschmetternd wirkte sich immer wieder seine naive, idealistische, weil theoretisch-wissenschaftlich mangelhaft ausgerüstete, strategielose Spontaneitaet – gleichsam als Vorläuferin einer wabernden, atomisiert driftenden, nomadisierenden bloßen »Multitude« -- aus, wenn immer wieder in die Fallen hineingelaufen wurde, welche die akademisch ausgebildeten, politisch ausgebufften, staatlich & institutionell ausgehaltenen RepräsentantInnen »der Linken«, ja sogar Ex-Spontis & »AnarchistInnen« von denen es niemand für möglich hält, in einer entscheidenden Situation aufzubauen verstehen.
»Ein weiterer Beweis ist das schmachvolle Beispiel vom Mai 1937 in Barcelona: dass als Antwort auf die stalinistische Provokation so schnell zu den Waffen gegriffen wurde, dass aber auch dem von den regierungs-anarchistischen Ministern erteilten Befehl, sich zu ergeben, so schnell gehorcht werden konnte, sagt viel über die enorme Fähigkeit der katalanischen Massen und gleichzeitig über das, was ihnen noch an Autonomie fehlte, um siegen zu können. Auch morgen entscheidet noch der von den Arbeiter_innen erreichte Grad an Autonomie unser Schicksal.« (S.I.Revue, siehe oben)
Wer diese bürgerlich-staatliche & »radikale« Linke nicht durchschauen & überflüssig zu machen lernt, wird von ihr den Faschisten & »Nationalen Sozialisten«, kurz: der bürgerlich-kapitalistischen Konterrevolution ans Messer geliefert.
Sonntag 6.5.2007 // ab 12 Uhr im IVI (Frankfurt/M., Kettenhofweg 130)
70 Jahre Konterrevolution in Spanien
Tagesseminar zu Verlauf & Niederlage der Spanischen Revolution (festgemacht am Barcelona-clash Anfang Mai 1937).
Zugleich als Überblick über den Spanischen Revolutionskrieg. Wir sehen den Film von Ken Loach »Land und Freiheit« diesmal in einer exkursiv bearbeiteten Fassung an, die ihn als mythenkritische Einführung in Geschichte & Problematik der anarcho-communistischen Revolution nützlich macht: Ursachen ihrer Schwäche und ihres Abwürgens. Ein anarchistischer Dokumentationsfilm liefert zusätzlich reichhaltigen Stoff.