»Die Werthform«: Der »schulmeisterliche Anhang« der Urfassung des Kapital I von 1867.
»Aller Anfang ist schwer, gilt in jeder Wissenschaft. Das Verständnis des ersten Kapitels, namentlich des Abschnitts, der die Analyse der Waare enthält, wird daher die meiste Schwierigkeit machen. Was nun näher die Analyse der Werthsubstanz und der Werthgrösse betrifft, so habe ich sie möglichst popularisirt. Anders mit der Analyse der Werthform. Sie ist schwerverständlich, weil die Dialektik viel schärfer ist als in der ersten Darstellung. Ich rathe daher dem nicht durchaus in dialektisches Denken eingewohnten Leser, den Abschnitt von p. 15 (Zeile 19 von oben) bis Ende p. 34 ganz zu überschlagen, und statt dessen den dem Buch zugefügten Anhang: »Die Werthform« zu lesen. Dort wird versucht, die Sache so einfach und selbst so schulmeisterlich darzustellen, als ihre wissenschaftliche Fassung erlaubt. Nach Beendigung des Anhangs kann der Leser dann im Text wieder fortfahren mit p. 35.«
Karl Marx: Das Kapital Band 1,
Anhang zu Kapitel 1.1
Die Werthform.
{K1-Urfassung von 1867: Veranstaltung 2008 // editorisches Vorwort (Schrader 1980) // Faksimile der Erstausgabe // Vorwort Marx // Kapitel 1.1 Die Waare // Anhang zu Kapitel 1.1: Die Werthform}
Die Analyse der Waare hat gezeigt, dass sie ein Doppeltes ist, Gebrauchswerth und Werth. Damit ein Ding daher Waarenform besitze, muss es Doppelform besitzen, die Form eines Gebrauchswerths und die Form des Werths. Die Form des Gebrauchswerths ist die Form des Waarenkörpers selbst, Eisen, Leinwand u.s.w., seine handgreiflich sinnliche Daseinsform. Es ist diess die Naturalform der Waare. Die Werthform der Waare ist dagegen ihre gesellschaftliche Form.
Wie wird der Werth einer Waare nun ausgedrückt? Wie gewinnt er also eigne Erscheinungsform? Durch das Verhältniss verschiedner Waaren. Um die in solchem Verhältniss enthaltene Form richtig zu analysiren, müssen wir von ihrer einfachsten, unentwickeltsten Gestalt ausgehn. Das einfachste Verhältniss einer Waare ist offenbar ihr Verhältniss zu einer einzigen, andren Waare, gleichgültig welcher. Das Verhältniss zweier Waaren liefert daher den einfachsten Werthausdruck für eine Waare.
I. Einfache Werthform.
20 Ellen Leinwand = 1 Rock oder: 20 Ellen Leinwand sind 1 Rock werth.
Das Geheimniss aller Werthform muss in dieser einfachen Werthform stecken. Ihre Analyse bietet daher die eigentliche Schwierigkeit.
§. 1. Die beiden Pole des Werthausdrucks: Relative Werthform und Aequivalentform.
In dem einfachen Werthausdruck spielen die zwei Waarenarten Leinwand und Rock offenbar zwei verschiedne Rollen. Die Leinwand ist die Waare, welche ihren Werth in einem von ihr verschiedenartigen Waarenkörper, dem Rock, ausdrückt. Andrerseits dient die Waarenart Rock als das Material, worin Werth ausgedrückt wird. Die eine Waare spielt eine aktive, die andre eine passive Rolle. Von der Waare nun, welche ihren Werth in einer andren Waare ausdrückt, sagen wir: Ihr Werth ist als relativer Werth dargestellt, oder sie befindet sich in relativer Werthform. Von der andern Waare dagegen, hier dem Rock, die zum Material des Werthausdrucks dient, sagen wir: Sie funktionirt als Aequivalent der ersten Waare, oder befindet sich in der Aequivalentform.
Ohne nun noch tiefer zu analysiren, sind von vorn herein folgende Punkte klar:
a) Die Unzertrennlichkeit der beiden Formen.
Relative Werthform und Aequivalentform sind zu einander gehörige, sich wechselseitig bedingende, unzertrennliche Momente desselben Werthausdrucks.
b) Die Polarität der beiden Formen.
Andrerseits sind diese beiden Formen einander ausschliessende oder entgegengesetzte Extreme, d. h. Pole, desselben Werthausdrucks. Sie vertheilen sich stets auf die verschiedenen Waaren, die der Werthausdruck auf einander bezieht. Ich kann z. B. den Werth der Leinwand nicht in Leinwand ausdrücken. 20 Ellen Leinwand = 20 Ellen Leinwand ist kein Werthausdruck, sondern drückt nur ein bestimmtes Quantum des Gebrauchsgegenstands Leinwand aus. Der Werth der Leinwand kann also nur in andrer Waare, d. h. nur relativ ausgedrückt werden. Die relative Werthform der Leinwand unterstellt also, dass irgend eine andre Waare sich ihr gegenüber in der Aequivalentform befindet. Andrerseits, diese andre Waare, hier der Rock, die als Aequivalent der Leinwand figurirt, sich also in Aequivalentform befindet, kann sich nicht gleichzeitig in relativer Werthform befinden. Nicht sie drückt ihren Werth aus. Sie liefert nur dem Werthausdruck andrer Waare das Material.
Allerdings schliesst der Ausdruck: 20 Ellen Leinwand = 1 Rock oder: 20 Ellen Leinwand sind 1 Rock werth, auch die Rückbeziehung ein: 1 Rock = 20 Ellen Leinwand oder: 1 Rock ist 20 Ellen Leinwand werth. Aber so muss ich doch die Gleichung umkehren, um den Werth des Rocks relativ auszudrücken, und sobald ich das thue, wird die Leinwand Aequivalent statt des Rockes. Dieselbe Waare kann also in demselben Werthausdruck nicht gleichzeitig in beiden Formen auftreten. Diese schliessen sich vielmehr polarisch aus.
Denken wir uns Tauschhandel zwischen Leinwandproducent A und Rockproducent B. Bevor sie Handels einig werden, sagt A: 20 Ellen Leinwand sind 2 Röcke werth (20 Ellen Leinwand = 2 Röcke), B dagegen: 1 Rock ist 22 Ellen Leinwand werth (1 Rock = 22 Ellen Leinwand). Endlich, nachdem sie lang gemarktet, stimmen sie überein. A sagt: 20 Ellen Leinwand sind 1 Rock werth, und B sagt: 1 Rock ist 20 Ellen Leinwand werth. Hier befinden sich beide, Leinwand und Rock, gleichzeitig in relativer Werthform und in Aequivalentform. Aber, notabene, für zwei verschiedene Personen und in zwei verschiedenen Werthausdrücken, welche nur gleichzeitig ins Leben treten. Für A befindet sich seine Leinwand, – denn für ihn geht die Initiative von seiner Waare aus – in relativer Werthform, die Waare des Andren, der Rock dagegen, in Aequivalentform. Umgekehrt vom Standpunkt des B. Dieselbe Waare besitzt also niemals, auch nicht in diesem Fall, die beiden Formen gleichzeitig in demselben Werthausdruck.
c) Relativer Werth und Aequivalent sind nur Formen des Werths.
Relativer Werth und Aequivalent sind beide nur Formen des Waarenwerths. Ob eine Waare sich nun in der einen Form befindet oder in der polarisch entgegengesetzten, hängt ausschliesslich von ihrer Stelle im Werthausdruck ab. Diess tritt schlagend hervor in der von uns hier zunächst betrachteten einfachen Werthform. Dem Inhalt nach sind die beiden Ausdrücke:
1) 20 Ellen Leinwand = 1 Rock oder: 20 Ellen Leinwand sind 1 Rock werth,
2) 1 Rock = 20 Ellen Leinwand oder: 1 Rock ist 20 Ellen Leinwand werth, durchaus nicht verschieden. Der Form nach sind sie nicht nur verschieden, sondern entgegengesetzt. In dem Ausdruck 1) wird der Werth der Leinwand relativ ausgedrückt. Sie befindet sich daher in der relativen Werthform, während gleichzeitig der Werth des Rocks als Aequivalent ausgedrückt ist. Er befindet sich daher in der Aequivalentform. Drehe ich nun den Ausdruck 1) um, so erhalte ich den Ausdruck 2). Die Waaren wechseln die Stellen, und sofort befindet sich der Rock in relativer Werthform, die Leinwand dagegen in Aequivalentform. Weil sie die respektiven Stellen in demselben Werthausdruck gewechselt, haben sie die Werthform gewechselt.
§. 2. Die relative Werthform.
a) Gleichheitsverhältniss.
Da es die Leinwand ist, welche ihren Werth ausdrücken soll, geht von ihr die Initiative aus. Sie tritt in ein Verhältnis zum Rock, d. h. zu irgendeiner andren, von ihr selbst verschiedenartigen Waare. Diess Verhältniss ist Verhältniss der Gleichsetzung. Die Basis des Ausdrucks: 20 Ellen Leinwand = 1 Rock ist in der That: Leinwand = Rock, was in Worten ausgedrückt nur heisst: die Waarenart Rock ist gleicher Natur, gleicher Substanz mit der von ihr verschiedenen Waarenart Leinwand. Man übersieht das meist, weil die Aufmerksamkeit durch das quantitative Verhältniss absorbirt wird, d. h. durch die bestimmte Proportion, worin die eine Waarenart der andern gleichgesetzt ist. Man vergisst, dass die Grössen verschiedner Dinge erst quantitativ vergleichbar sind nach ihrer Reduktion auf dieselbe Einheit. Nur als Ausdrücke derselben Einheit sind sie gleichnamige, daher kommensurable Grössen. In obigem Ausdruck verhält sich also die Leinwand zum Rock als Ihresgleichen, oder der Rock wird auf die Leinwand bezogen als Ding von derselben Substanz, Wesensgleiches. Er wird ihr also qualitativ gleichgesetzt.
b) Werthverhältniss.
Der Rock ist nur dasselbe wie die Leinwand, soweit beide Werthe sind. Dass also die Leinwand sich zum Rock als ihresgleichen verhält, oder dass der Rock als Ding von derselben Substanz der Leinwand gleichgesetzt wird, drückt aus, dass der Rock in diesem Verhältniss als Werth gilt. Er wird der Leinwand gleichgesetzt, sofern sie ebenfalls Werth ist. Das Gleichheitsverhältniss ist also Werthverhältniss, das Werthverhältniss aber vor allem Ausdruck des Werths oder des Werthseins der Waare, welche ihren Werth ausdrückt. Als Gebrauchswerth oder Waarenkörper unterscheidet sich die Leinwand vom Rock. Ihr Werthsein kommt dagegen zum Vorschein, drückt sich aus in einem Verhältniss, worin eine andre Waarenart, der Rock, ihr gleichgesetzt wird oder als ihr Wesensgleiches gilt.
c) Qualitativer Gehalt der im Werthverhältniss enthaltenen relativen Werthform.
Werth ist der Rock nur, so weit er dinglicher Ausdruck der in seiner Produktion verausgabten menschlichen Arbeitskraft ist, also Gallerte abstrakter menschlicher Arbeit – abstrakter Arbeit, weil von dem bestimmten, nützlichen, konkreten Charakter der in ihm enthaltenen Arbeit abstrahirt wird, menschlicher Arbeit, weil die Arbeit hier nur als Verausgabung menschlicher Arbeitskraft überhaupt zählt. Die Leinwand kann sich also nicht zum Rock als einem Werthding verhalten oder nicht auf den Rock als Werth bezogen werden, ohne auf ihn als einen Körper bezogen zu werden, dessen einziger Stoff aus menschlicher Arbeit besteht. Aber als Werth ist die Leinwand Gallerte derselben menschlichen Arbeit. Innerhalb dieses Verhältnisses repräsentirt also der Körper Rock die der Leinwand mit ihm gemeinschaftliche Werthsubstanz, d. h. menschliche Arbeit. Innerhalb dieses Verhältnisses gilt also der Rock nur als Gestalt von Werth, daher auch als Werthgestalt der Leinwand, als sinnliche Erscheinungsform des Leinwandwerths. So wird, vermittelst des Werthverhältnisses, der Werth einer Waare im Gebrauchswerth einer andern Waare ausgedrückt, d. h. in einem andern, von ihm selbst verschiedenartigen Waarenkörper.
d) Quantitative Bestimmtheit der im Werthverhältniss enthaltenen relativen Werthform.
Die 20 Ellen Leinwand sind jedoch nicht nur Werth überhaupt, d. h. Gallerte menschlicher Arbeit, sondern sie sind Werth von bestimmter Grösse, d. h. in ihnen ist ein bestimmtes Quantum menschlicher Arbeit vergegenständlicht. Im Werthverhältniss der Leinwand zum Rock wird daher die Waarenart Rock nicht nur als Werthkörper überhaupt , d. h. als Verkörperung menschlicher Arbeit, der Leinwand qualitativ gleichgesetzt, sondern ein bestimmtes Quantum dieses Werthkörpers, l Rock, nicht 1 Dutzend u. s. w., soweit in 1 Rock grade so viel Werthsubstanz oder menschliche Arbeit steckt als in 20 Ellen Leinwand.
e) Das Ganze der relativen Werthform.
Durch den relativen Werthausdruck erhält also erstens der Werth der Waare eine von ihrem eignen Gebrauchswerth unterschiedne Form. Die Gebrauchsform dieser Waare ist z. B. Leinwand. Ihre Werthform besitzt sie dagegen in ihrem Gleichheitsverhältniss zum Rock. Durch diess Verhältniss der Gleichheit wird ein andrer sinnlich von ihr unterschiedner Waarenkörper zum Spiegel ihres eignen Werthseins, zu ihrer eignen Werthgestalt. So gewinnt sie eine von ihrer Naturalform unterschiedene, unabhängige und selbstständige Werthform. Zweitens aber, als Werth von bestimmter Grösse, als bestimmte Werthgrösse, ist sie quantitativ gemessen durch das quantitativ bestimmte Verhältniss oder die Proportion, worin ihr der andre Waarenkörper gleichgesetzt ist.
§. 3. Die Aequivalentform.
a) Die Form der unmittelbaren Austauschbarkeit.
Als Werthe sind alle Waaren gleichgeltende, durch einander ersetzbare oder vertauschbare Ausdriicke derselben Einheit, der menschlichen Arbeit. Eine Waare ist daher überhaupt mit andrer Waare austauschbar, sofern sie eine Form besitzt, worin sie als Werth erscheint. Ein Waarenkörper ist unmittelbar austauschbar mit andrer Waare, soweit seine unmittelbare Form, d. h. seine eigne Körper- oder Naturalform andrer Waare gegenüber Werth vorstellt oder als Werthgestalt gilt. Diese Eigenschaft besitzt der Rock im Werthverhältniss der Leinwand zu ihm. Der Werth der Leinwand wäre sonst nicht ausdrückbar in dem Ding Rock. Dass eine Waare also überhaupt Aequivalentform hat, heisst nur: durch ihren Platz im Werthausdruck gilt ihre eigne Naturalform als Werthform für andre Waare oder besitzt sie die Form unmittelbarer Austauschbarkeit mit andrer Waare. Sie braucht also nicht erst eine von ihrer unmittelbaren Naturalform unterschiedne Form anzunehmen, um andrer Waare als Werth zu erscheinen, als Werth zu gelten und auf sie als Werth zu wirken.
b) Quantitative Bestimmtheit ist nicht enthalten in der Aequivalentform.
Dass ein Ding, welches die Form Rock hat, unmittelbar austauschbar mit Leinwand, oder ein Ding, welches die Form Gold hat, unmittelbar austauschbar mit allen andren Waaren ist, – diese Aequivalentform eines Dings enthält durchaus keine quantitative Bestimmtheit. Die entgegengesetzte irrige Ansicht entspringt aus folgenden Ursachen:
Erstens: Die Waare Rock z. B., welche zum Material für den Werthausdruck der Leinwand dient, ist innerhalb eines solchen Ausdrucks auch stets quantitativ bestimmt, wie 1 Rock, nicht 12 Röcke u. s. w. Aber warum? Weil die 20 Ellen Leinwand in ihrem relativen Werthausdruck nicht nur als Werth überhaupt ausgedrückt, sondern zugleich als bestimmtes Werthquantum gemessen sind. Dass aber 1 Rock, nicht 12 Röcke, so viel Arbeit enthält als 20 Ellen Leinwand , daher den 20 Ellen Leinwand gleichgesetzt wird, hat durchaus nichts zu schaffen mit der charakteristischen Eigenschaft der Waarenart Rock unmittelbar austauschbar mit der Waarenart Leinwand zu sein.
Zweitens: Wenn 20 Ellen Leinwand als Werth von bestimmter Grösse in 1 Rock ausgedrückt sind, ist rückbezüglich auch die Werthgrösse von 1 Rock in 20 Ellen Leinwand ausgedrückt, also ebenfalls quantitativ gemessen, aber nur indirekt, durch Umkehrung des Ausdrucks, nicht soweit der Rock die Rolle des Aequivalents spielt, sondern vielmehr seinen eignen Werth relativ in der Leinwand darstellt.
Drittens: Wir können die Formel: 20 Ellen Leinwand = 1 Rock oder: 20 Ellen Leinwand sind 1 Rock werth auch so ausdrücken: 20 Ellen Leinwand und 1 Rock sind Aequivalente oder beide sind gleichgrosse Werthe. Hier drücken wir nicht den Werth irgend einer der beiden Waaren in dem Gebranchswerth der andern aus. Keine der beiden Waaren wird daher in Aequivalentform gesetzt. Aequivalent bedeutet hier nur Grössengleiches, nachdem beide Dinge vorher in unsrem Kopf stillschweigend auf die Abstraktion Werth reducirt worden sind.
c) Die Eigenthümlichkeiten der Aequivalentform.
α) Erste Eigenthümlichkeit der Aequivalentform: Gebrauchswerth wird zur Erscheinungsform seines Gegentheils, des Werths.
Die Naturalform der Waare wird zur Werthform. Aber, notabene, diess quid pro quo ereignet sich für eine Waare B (Rock oder Weizen oder Eisen u.s.w.) nur innerhalb des Werthverhältnisses, worin eine beliebige andre Waare A (Leinwand etc.) zu ihr tritt, nur innerhalb dieser Beziehung. Für sich, isolirt betrachtet, ist z. B. der Rock nur nützliches Ding, Gebrauchswerth, ganz wie die Leinwand, seine Rockform daher nur Form von Gebrauchswerth oder Naturalform einer bestimmten Waarenart. Da aber keine Waare sich auf sich selbst als Aequivalent beziehn, also auch nicht ihre eigne Naturalhaut zum Ausdruck ihres eignen Werths machen kann, muss sie sich auf andre Waare als Aequivalent beziehn oder die Naturalhaut eines andren Waarenkörpers zu ihrer eignen Werthform machen.
Diess veranschauliche uns das Beispiel eines Masses, welches den Waarenkörpern als Waarenkörpern zukommt, d. h. als Gebrauchswerthen. Ein Zuckerhut, weil Körper, ist schwer, und hat daher Gewicht, aber man kann keinem Zuckerhut seine Schwere ansehn oder anfühlen. Wir nehmen nun verschiedne Stücke Eisen, deren Gewicht vorher bestimmt ist. Die Körperform des Eisens, für sich betrachtet, ist eben so wenig Erscheinungsform der Schwere als die des Zuckerhuts. Dennoch, um den Zuckerhut als Schwere oder Gewicht auszudrücken, setzen wir ihn in ein Gewichtsverhältniss zum Eisen. In diesem Verhältniss gilt das Eisen als ein Körper, der nichts darstellt ausser Schwere oder Gewicht. Eisenquanta dienen daher zum Gewichtmass des Zuckers und repräsentiren dem Zuckerkörper gegenüber blosse Schweregestalt, Erscheinungsform von Schwere. Diese Rolle spielt das Eisen nur innerhalb des Verhältnisses, worin der Zucker, oder irgend ein andrer Körper, dessen Gewicht gefunden werden soll, zu ihm tritt. Wären beide Dinge nicht schwer, so könnten sie nicht in diess Verhältniss treten und das Eine daher nicht zum Ausdruck der Schwere des Andren dienen. Werfen wir beide auf die Wagschale, so sehn wir in der That, dass sie als Schwere dasselbe und daher in bestimmter Proportion auch von demselben Gewicht sind. Wie hier der Eisenkörper dem Zuckerhut gegenüber nur Schwere, so vertritt in unsrem Werthausdruck der Rockkörper der Leinwand gegenüber nur Werth.
β) Zweite Eigenthümlichkeit der Aequivalentform: Konkrete Arbeit wird zur Erscheinungsform ihres Gegentheils, abstrakt menschlicher Arbeit.
Der Rock gilt im Werthausdruck der Leinwand als Werthkörper, seine Körper- oder Naturalform daher als Werthform, d. h. also als Verkörperung unterschiedsloser menschlicher Arbeit, menschlicher Arbeit schlechthin. Die Arbeit aber, wodurch das nützliche Ding Rock gemacht wird und seine bestimmte Form erhält, ist nicht abstrakt menschliche Arbeit, menschliche Arbeit schlechthin, sondern eine bestimmte, nützliche, konkrete Arbeitsart – Schneiderarbeit. Die einfache relative Werthform erheischt, dass der Werth einer Waare, der Leinwand z. B., nur in einer einzigen andern Waarenart ausgedrückt werde. Welches die andre Waarenart ist, ist aber für die einfache Werthform durchaus gleichgültig. Statt in der Waarenart Rock, hätte der Leinwandwerth in der Waarenart Weizen, oder statt in der Waarenart Weizen, in der Waarenart Eisen u. s. w. ausgedrückt werden können. Ob aber Rock, Weizen oder Eisen, stets gälte das Aequivalent der Leinwand ihr als Werthkörper, daher als Verkörperung menschticher Arbeit schlechthin. Und stets bliebe die bestimmte Körperform des Aequivalents, ob Rock oder Weizen oder Eisen, nicht Verkörperung abstrakt menschlicher Arbeit, sondern einer bestimmten, konkreten, nützlichen Arbeitsart, sei es der Schneiderarbeit oder der Bauernarbeit oder der Minenarbeit. Die bestimmte, konkrete, nützliche Arbeit, die den Waarenkörper des Aequivalents producirt, muss also im Werthausdruck stets nothwendig als bestimmte Verwirklichungsform oder Erscheinungsform menschlicher Arbeit schlechthin, d. h. abstrakt menschlicher Arbeit gelten. Der Rock z. B. kann nur als Werthkörper, daher als Verkörperung menschlicher Arbeit schlechthin gelten, soweit Schneiderarbeit als bestimmte Form gilt, worin menschliche Arbeitskraft verausgabt wird oder worin abstrakt menschliche Arbeit sich verwirklicht.
Innerhalb des Werthverhältnisses und des darin einbegriffenen Werthausdrucks gilt das abstrakt Allgemeine nicht als Eigenschaft des Konkreten, Sinnlich-Wirklichen, sondern umgekehrt das Sinnlich-Konkrete als blosse Erscheinungs- oder bestimmte Verwirklichungsform des Abstrakt-Allgemeinen. Die Schneiderarbeit, die z. B. in dem Aequivalent Rock steckt, besitzt, innerhalb des Werthausdrucks der Leinwand, nicht die allgemeine Eigenschaft, auch menschliche Arbeit zu sein. Umgekehrt. Menschliche Arbeit zu sein gilt als ihr Wesen, Schneiderarbeit zu sein nur als Erscheinungsform oder bestimmte Verwirklichungsform dieses ihres Wesens. Diess quid pro quo ist unvermeidlich, weil die in dem Arbeitsprodukte dargestellte Arbeit nur werthbildend ist, soweit sie unterschiedslose menschliche Arbeit ist, so dass die in dem Werth eines Produkts vergegenständlichte Arbeit sich durchaus nicht unterscheidet von der im Werth eines verschiedenartigen Produkte vergegenständlichten Arbeit.
Diese Verkehrung, wodurch das Sinnlich-Konkrete nur als Erscheinungsform des Abstrakt-Allgemeinen, nicht das Abstrakt-Allgemeine umgekehrt als Eigenschaft des Konkreten gilt, charakterisirt den Werthausdruck. Sie macht zugleich sein Verständniss schwierig. Sage ich: Römisches Recht und deutsches Recht sind beide Rechte, so ist das selbstverständlich. Sage ich dagegen: Das Recht, dieses Abstraktum, verwirklicht sich im römischen Recht und im deutschen Recht, diesen konkreten Rechten, so wird der Zusammenhang mystisch.
γ) Dritte Eigenthümlichkeit der Aequivalentform: Privatarbeit wird zur Form ihres Gegentheils, zu Arbeit in unmittelbar gesellschaftlicher Form.
Arbeitsprodukte würden nicht zu Waaren, wären sie nicht Produkte unabhängig von einander betriebener, selbstständiger Privatarbeiten. Der gesellschaftliche Zusammenhang dieser Privatarbeiten existirt stofflich, soweit sie Glieder einer naturwüchsigen, gesellschaftlichen Theilung der Arbeit sind, und daher durch ihre Produkte die verschiedenartigen Bedürfnisse befriedigen, aus deren Gesammtheit das ebenfalls naturwüchsige System der gesellschaftlichen Bedürfnisse besteht. Dieser stoffliche gesellschaftliche Zusammenhang der von einander unabhängig betriebenen Privatarbeiten wird aber nur vermittelt, verwirklicht sich daher nur durch den Austausch ihrer Produkte. Das Produkt der Privatarbei hat daher nur gesellschaftliche Form, soweit es Werthform und daher die Form der Austauschbarkeit mit andren Arbeitsprodukten hat. Unmittelbar gesellschaftliche Form hat es, soweit seine eigne Körper- oder Naturalform zugleich die Form seiner Austauschbarkeit mit andrer Waare ist, oder andrer Waare als Werthform gilt. Diess findet jedoch, wie wir gesehn, nur dann für ein Arbeitsprodukt statt, wenn es, durch das Werthverhältniss andrer Waare zu ihm, sich in Aequivalentform befindet oder andrer Waare gegenüber die Rolle des Aequivalents spielt.
Das Aequivalent hat unmittelbar gesellschaftliche Form, sofern es die Form unmittelbarer Austauschbarkeit mit andrer Waare hat, und es hat diese Form unmittelbarer Austauschbarkeit, sofern es für andre Waare als Werthkörper gilt, daher als Gleiches. Also gilt auch die in ihm enthaltene bestimmte nützliche Arbeit als Arbeit in unmittellbar gesellschaftlicher Form, d. h. als Arbeit, welche die Form der Gleichheit mit der in andrer Waare enthaltenen Arbeit besitzt. Eine bestimmte, konkrete Arbeit, wie Schneiderarbeit, kann nur die Form der Gleichheit mit der in verschiedenartigen Waare, z. B. der Leinwand, enthaltenen verschiedenartigen Arbeit besitzen, soweit ihre bestimmte Form als Ausdruck von Etwas gilt, was wirklich die Gleichheit der verschiedenartigen Arbeiten oder das Gleiche in denselben bildet. Gleich sind sie aber nur, soweit sie menschliche Arbeit überhaupt, abstrakt menschliche Arbeit sind, d. h. Verausgabung menschlicher Arbeitskraft. Weil also, wie bereits gezeigt, die im Aequivalent enthaltene bestimmte konkrete Arbeit als bestimmte Verwirklichungsform oder Erscheinungsform abstrakt menschlicher Arbeit gilt, besitzt sie die Form der Gleichheit mit andrer Arbeit, und ist daher, obgleich Privatarbeit, wie alle andre, Waaren producirende Arbeit, dennoch Arbeit in unmittelbar gesellschaftlicher Form. Eben desshalb stellt sie sich dar in einem Produkt, das unmittelbar austauschbar mit andrer Waare ist.
Die beiden zuletzt entwickelten Eigenthümlichkeiten der Aequivalentform werden noch fassbarer, wenn wir zu dem grossen Forscher zurückgehn, der die Werthform, wie so viele Denkformen, Gesellschaftsformen und Naturformen zuerst analysirt hat, und meist glücklicher als seine modernen Nachfolger. Es ist diess Aristoteles.
Zunächst spricht Aristoteles klar aus, dass die Geldform der Waare nur die weiter entwickelte Gestalt der einfachen Werthform ist, d. h. des Ausdrucks des Werths einer Waare in irgend einer beliebigen andern Waare, denn er sagt:
"5 Polster = 1 Haus" ("Κλίναι πέντε αντί οικίας")
"unterscheidet sich nicht" von:
"5 Polster = so und so viel Geld" ("Κλίναι πέντε αντί...όσου αί πέντε κλίναι")
Er sieht ferner ein, dass das Werthverhältniss, worin dieser Werthausdruk steckt, seinerseits bedingt, dass das Haus dem Polster qualitativ gleichgesetzt wird, und dass diese sinnlich verschiednen Dinge ohne solche Wesensgleichheit nicht als kommensurable Grössen aufeinander beziehbar wären. "Der Austausch", sagt er, "kann nicht sein ohne die Gleichheit, die Gleichheit aber nicht ohne die Kommensurabilität" ("ούτ’ ισότης μη ούσης συμμετρίας"). Hier aber stutzt er und giebt die weitere Analyse der Werthform auf. "Es ist aber in Wahrheit unmöglich ("τη μεν ουν αληθεία αδύνατον"), dass so verschiedenartige Dinge kommensurabel", d. h, qualitativ gleich seien. Diese Gleichsetzung kann nur etwas der wahren Natur der Dinge Fremdes sein, also nur "Nothbehelf für das praktische Bedürfniss."
Aristoteles sagt uns also selbst, woran seine weitere Analyse scheitert, nämlich am Mangel des Werthbegriffs. Was ist das Gleiche, d. h. die gemeinschaftliche Substanz, die das Haus für den Polster im Werthausdruck des Polsters vorstellt? So etwas kann "in Wahrheit nicht existiren", sagt Aristoteles. Warum? Das Haus stellt dem Polster gegenüber ein Gleiches vor, soweit es das in Beiden, dem Polster und dem Haus, wirklich Gleiche vorstellt. Und das ist – menschliche Arbeit.
Dass aber in der Form der Waarenwerthe alle Arbeiten als gleiche menschliche Arbeit und daher als gleichgeltend ausgedrückt sind, konnte Aristoteles nicht aus der Werthform der Waaren herauslesen, weil die griechische Gesellschaft auf der Sklavenarbeit beruhte, daher die Ungleichheit der Menschen und ihrer Arheiten zur Naturbasis hatte. Das Geheimniss des Werthausdrucks, die Gleichheit und gleiche Gültigkeit aller Arbeiten, weil und insofern sie menschliche Arbeit überhaupt sind, kann nur entziffert werden, sobald der Begriff der menschlichen Gleichheit bereits die Festigkeit eines Volksvorurtheils besitzt. Das ist aber erst möglich in einer Gesellschaft, worin die Waarenform die allgemeine Form des Arbeitsprodukts ist, also auch das Verhältniss der Menschen zu einander als Waarenbesitzer das herrschende gesellschaftliche Verhälniss ist. Das Genie des Aristoteles glänzt grade darin, dass er im Werthausdruck der Waaren ein Gleichheitsverhältniss entdeckt. Nur die historische Schranke der Gesellschaft, worin er lebte, verhindert ihn herauszufinden, worin denn "in Wahrheit" diess Gleichheitsverhältniss besteht.
δ) Vierte Eigenthümlichkeit der Aequivalentform: Der Fetischismus der Waarenform ist frappanter in der Aequivalent form als in der relativen Werthforrn.
Dass Arbeitsprodukte, solche nützlichen Dinge wie Rock, Leinwand, Weizen, Eisen u. s. w., Werthe, bestimmte Werthgrössen und überhaupt Waaren sind, sind Eigenschaften, die ihnen natürlich nur in unsrem Verkehr zukommen, nicht von Natur, wie etwa die Eigenschaft schwer zu sein oder warm zu halten oder zu nähren. Aber innerhalb unsres Verkehrs verhalten sich diese Dinge als Waaren zu einander. Sie sind Werthe, sie sind messbar als Werthgrössen und ihre gemeinsame Wertheigenschaft setzt sie in ein Werthverhältniss zu einander. Dass nun z. B. 20 Ellen Leinwand = 1 Rock oder 20 Ellen Leinwand 1 Rock werth sind, drückt nur aus, dass 1) die verschiedenartigen zur Produktion dieser Dinge nöthigen Arbeiten als menschliche Arbeit gleichgelten; 2) dass das in ihrer Produktion verausgabte Quantum Arbeit nach bestimmten gesellschaftlichen Gesetzen gemessen wird, und 3) dass Schneider und Weber in ein bestimmtes gesellschaftliches Produktionsverhältniss treten. Es ist eine bestimmte gesellschaftliche Beziehung der Producenten, worin sie ihre verschiedenen nützlichen Arbeitsarten als menschliche Arbeit gleichsetzen. Es ist nicht minder eine bestimmte gesellschaftliche Beziehung der Producenten, worin sie die Grösse ihrer Arbeiten durch die Zeitdauer der Verausgabung menschlicher Arbeitskraft messen. Aber innerhalb unsres Verkehrs erscheinen ihnen diese gesellschaftlichen Charaktere ihrer eignen Arbeiten als gesellschaftliche Natureigenschaften, als gegenständliche Bestimmungen der Arbeitsprodukte selbst, die Gleichheit der menschlichen Arbeiten als Wertheigenschaft der Arbeitsprodukte, das Mass der Arbeit durch die gesellschaftlich nothwendige Arbeitszeit als Werthgrösse der Arbeitsprodukte, endlich die gesellschaftliche Beziehung der Producenten durch ihre Arbeiten als Werthverhältniss oder gesellschaftliches Verhältniss dieser Dinge, der Arbeitsprodukte. Eben desshalb erscheinen ihnen die Arbeitsprodukte als Waaren, sinnlich übersinnliche oder gesellschaftliche Dinge. So stellt sich der Lichteindruck eines Dings auf den Sehnerv nicht als subjektiver Reiz des Sehnervs selbst, sondern als gegenständliche Form eines Dings ausserhalb des Auges dar. Aber beim Sehn wird wirklich Licht von einem Ding, dem äusseren Gegenstand, auf ein andres Ding, das Auge, geworfen. Es ist ein physisches Verhältniss zwischen physischen Dingen. Dagegen hat die Waarenform und das Werthverhältniss der Arbeitsprodukte mit ihrer physischen Natur und den daraus entspringenden dinglichen Beziehungen absolut nichts zu schaffen. Es ist nur das bestimmte gesellschaftliche Verhältniss der Menschen selbst, welches hier für sie die phantasmagorische Form eines Verhältnisses von Dingen annimmt. Um daher eine Analogie zu finden müssen wir in die Nebelregion der religiösen Welt flüchten. Hier erscheinen die Produkte des menschlichen Kopfes als mit eignem Leben begabte, unter einander und mit den Menschen in Verhältniss stehende selbstständige Gestalten. So in der Waarenwelt die Produkte der menschlichen Hand. Diess nenne ich den Fetischismus, der sich an die Arbeitsprodukte anklebt, sobald sie als Waaren producirt werden, der also von der Waarenproduktion unzertrennlich ist.
Dieser Fetischcharakter nun tritt schlagender an der Aequivalentform als an der relativen Werthform hervor. Die relative Werthform einer Waare ist vermittelt, nämlich durch ihr Verhältniss zu andrer Waare. Durch diese Werthform ist der Werth der Waare als etwas von ihrem eignen sinnlichen Dasein durchaus Unterschiednes ausgedrückt. Es liegt darin zugleich, dass das Werthsein eine dem Ding selbst fremde Beziehung, sein Werthverhältniss zu einem andern Ding daher nur die Erscheinungsform eines dahinter versteckten gesellschaftlichen Verhältnisses sein kann. Umgekehrt mit der Aequivalentform. Sie besteht grade darin, dass die Körper- oder Naturalform einer Waare unmittelbar als gesellschaftliche Form gilt, als Werthform für andre Waare. lnnerhalb unseres Verkehrs erscheint es also als gesellschaftliche Natureigenschaft eines Dings, als eine ihm von Natur zukommende Eigenschaft, Aequivalentform zu besitzen, daher so wie es sinnlich da ist, unmittelbar austauschbar mit andern Dingen zu sein. Weil aber innerhalb des Werthausdrucks der Waare A die Aequivalentform von Natur der Waare B zukommt, scheint sie letztrer auch ausserhalb dieses Verhältnisses von Natur anzugehören. Daher z. B. das Räthselhafte des Goldes, das neben seinen andren Natureigenschaften, seiner Lichtfarbe, seinem specilischen Gewicht, seiner Nicht-Oxydirbarkeit an der Luft u. s. w., auch die Aequivalentform von Natur zu besitzen scheint oder die gesellschaftliche Qualität mit allen andern Waaren unmittelbar austauschbar zu sein.
§. 4. Sobald der Werth selbstständig erscheint, hat er die Form von Tauschwerth.
Der Werthausdruck hat zwei Pole, relative Werthform und Aequivalentform. Was zunächst die als Aequivalent funktionirende Waare betrifft, so gilt sie für andre Waare als Werthgestalt, Körper in unmittelbar austauschbarer Form – Tauschtwerth. Die Waare aber, deren Werth relativ ausgedrückt ist, besitzt die Form von Tauschwerth, indem 1) ihr Werthsein durch die Austauschbarkeit eines andern Waarenkörpers mit ihr offenbart wird, 2) ihre Werthgrösse ausgedrückt wird durch die Proportion, worin die andre Waare mit ihr austauschbar ist. – Der Tauschwerth ist daher überhaupt die selbstständige Erscheinungsform des Waarenwerths.
§. 5. Die einfache Werthform der Waare ist die einfache Erscheinungsform der in ihr enthaltenen Gegensätze von Gebrauchswerth und Tauschwerth.
In dem Werthverhältniss der Leinwand zum Rock gilt die Naturalform der Leinwand nur als Gestalt von Gebrauchswerth, die Naturalform des Rocks nur als Werthform oder Gestalt von Tauschwerth. Der in der Waare enthaltene innere Gegensatz von Gebrauchswerth und Werth wird also dargestellt durch einen äussern Gegensatz, d. h. das Verhältniss zweier Waaren, wovon die eine unmittelbar nur als Gebrauchswerth, die andere unmittelbar nur als Tauschwerth gilt, oder worin die beiden gegensätzlichen Bestimmungen von Gebrauchswerth und Tauschwerth polarisch unter die Waaren vertheilt sind. – Wenn ich sage: Als Waare ist die Leinwand Gebrauchswerth und Tauschwerth, so ist das mein durch Analyse gewonnenes Urtheil über die Natur der Waare. Dagegen im Ausdruck: 20 Ellen Leinwand = 1 Rock oder: 20 Ellen Leinwand sind 1 Rock werth, sagt die Leinwand selbst, dass sie 1) Gebrauchswerth (Leinwand), 2) davon unterschiedner Tauschwerth (Rock-Gleiches) und 3) Einheit dieser beiden Unterschiede, also Waare ist.
§. 6. Die einfache Werthform der Waare ist die einfache Waarenform des Arbeitsprodukts.
Die Form eines Gebrauchtswerths bringt das Arbeitsprodukt in seiner Naturalform mit auf die Welt. Es bedarf also nur noch der Werthform, damit es die Waarenform besitze, d. h. damit es erscheine als Einheit der Gegensätze Gebrauchswerth und Tauschwerth. Die Entwicklung der Werthform ist daher identisch mit der Entwicklung der Waarenform.
§, 7. Verhältniss von Waarenform und Geldform.
Setzt man an die Stelle von:
20 Ellen Leinwand = 1 Rock oder 20 Ellen Leinwand sind 1 Rock werth, die Form:
20 Ellen Leinwand = 2 Pfd. St. oder 20 Ellen Leinwand sind 2 Pfd. St. werth, so zeigt der erste Blick, dass die Geldform durchaus nichts ist als die weiter entwickelte Gestalt der einfachen Werthform der Waare, also der einfachen Waarenform des Arbeitsprodukts. Weil die Geldform nur die entwickelte Waarenform, entspringt sie offenbar aus der einfachen Waarenform. Sobald letztre daher begriffen ist, bleibt nur noch die Reihe der Metamorphosen zu betrachten, welche die einfache Waarenform: 20 Ellen Leinwand = 1 Rock durchlaufen muss, um die Gestalt: 20 Ellen Leinwand = 2 Pfd. St. anzunehmen.
§. 8. Einfache relative Werthform und Einzelne Aequivalentform.
Der Werthausdruck im Rock giebt der Leinwand eine Werthform, wodurch sie nur als Werth von sich selbst als Gebrauchswerth unterschieden wird. Diese Form setzt sie auch nur in Verhältniss zum Rock, d. h. zu irgend einer einzelnen, von ihr selbst verschiedenen Waarenart. Aber als Werth ist sie dasselbe wie alle andren Waaren. Ihre Werthform muss daher auch eine Form sein, welche sie in ein Verhältniss qualitativer Gleichheit und quantitativer Proportionalität zu allen andren Waaren setzt. – Der einfachen relativen Werthform einer Waare entspricht die einzelne Aequivalentform einer andren Waare. Oder die Waare, worin Werth ausgedrückt wird, funktionirt hier nur als einzelnes Aequivalent. So besitzt der Rock, im relativen Werthausdruck der Leinwand, nur Aequivalentform oder Form unmittelbarer Austauschbarkeit mit Bezug auf diese einzelne Waarenart Leinwand.
§.9. Uebergang aus der einfachen Werthform in die entfaltete Werthtorm.
Die einfache Werthform bedingt, dass der Werth einer Waare in nur einer, aber gleichgültig welcher, Waare von andrer Art ausgedrückt werde. Es ist also ebensowohl einfacher relativer Werthausdruck der Leinwand, wenn ihr Werth in Eisen oder in Weizen u. s. w., als wenn er in der Waarenart Rock ausgedrückt wird. Je nachdem sie also mit dieser oder jener andern Waarenart in ein Werthverhältniss tritt, entstehn verschiedne einfache relative Werthausdrücke der Leinwand. Der Möglichkeit nach hat sie eben so viele Verschiedne einfache Werthausdrücke als von ihr verschiedenartige Waaren existiren. In der That besteht also ihr vollständiger relativer Werthausdruck nicht in einem vereinzelten einfachen relativen Werthausdruck, sondern in der Summe ihrer einfachen relativen Werthausdrücke. So erhalten wir:
II. Totale oder entfaltete Werthform.
20 Ellen Leinwand = 1 Rock oder = 10 Pfd. Thee oder = 40 Pfd. Kaffee oder = 1 Quarter Weizen oder = 2 Unzen Gold oder = 1/2 Tonne Eisen oder = u. s. w.
§. 1. Endlosigkeit der Reihe.
Diese Reihe einfacher relativer Werthausdrücke ist ihrer Natur nach stets verlängerbar oder schliesst nie ab. Denn es treten stets neue Waarenarten auf, und jede neue Waarenart bildet das Material eines neuen Werthausdrucks.
§. 2. Die entfaltete relative Werthform.
Der Werth einer Waare, der Leinwand z. B., ist jetzt dargestellt in allen andren Elementen der Waarenwelt. Jeder andre Waarenkörper wird zum Spiegel des Leinwandwerths. So erscheint dieser Werth selbst erst wahrhaft als Gallerte unterschiedsloser menschlicher Arbeit. Denn die den Leinwandwerth bildende Arbeit ist nun ausdrücklich als Arbeit dargestellt, der jede andre menschliche Arbeit, welche Naturalform sie immer besitze, und ob sie sich daher in Rock oder Weizen oder Eisen oder Gold u. s. w. vergegenständliche, gleichgilt. Durch ihre Werthform steht die Leinwand daher jetzt auch in gesellschaftlichem Verhältniss nicht mehr zu nur einer einzelnen andren Waarenart, sondern zur Waarenwelt. Als Waare ist sie Bürger dieser Welt. Zugleich liegt in der endlosen Reihe seiner Ausdrücke, dass der Waarenwerth gleichgültig ist gegen jede besondre Form des Gebrauchswerths, worin er erscheint.
§. 3. Die besondre Aequivalentform.
Jede Waare, Rock, Thee, Weizen , Eisen u. s. w. gilt im Werthausdruck der Leinwand als Aequivalent und daher als Werthkörper. Die bestimmte Naturalform jeder dieser Waaren ist jetzt eine besondre Aequivalentform neben vielen andern. Ebenso gelten die mannigfaltigen in den verschiedenen Waarenkörpern enthaltenen bestimmten, konkreten, nützlichen Arteitsarten jetzt als eben so viele besondre Verwirklichungs- oder Erscheinungsformen menschlicher Arbeit schlechthin.
§. 4. Mängel der entfalteten oder totalen Werthform.
Erstens ist der relative Werthausdruck der Leinwand unfertig, weil seine Darstellungsreihe nie abschliesst. Zweitens besteht er aus einer bunten Mosaik auseinanderfallender und verschiedenartiger Werthausdrücke. Wird endlich, wie diess geschehn muss, der relative Werth jeder Waare in dieser entfalteten Form ausgedrückt, so ist die relative Werthform jeder Waare eine von der relativen Werthform jeder andren Waaren verschiedne endlose Reihe von Werthausdrücken. – Die Mängel der entfalteten relativen Werthform reflektiren sich in der ihr entsprechenden Aequivalentform. Da die Naturalform jeder einzelnen Waarenart hier eine besondre Aequivalentform neben unzähligen andren besondren Aequivalentformen ist , existiren überhautpt nur beschränkte Aequivalentformen, von denen jede die andre ausschliesst. Ebenso ist die in jedem besondern Waarenäquivalent enthaltene bestimmte, konkrete, nützliche Arbeitsart nur besondre, also nicht erschöpfende Erscheinungsform der menschlichen Arbeit. Diese besitzt ihre vollständige oder totale Erscheinungsform zwar in dem Gesammtumkreis jener besondren Erscheinungsformen. Aber so besitzt sie keine einheitliche Erscheinungsform.
§. 5. Uebergang aus der totalen Werthform in die allgemeine Werthform.
Die totale oder entfaltete relative Werthform besteht jedoch nur aus einer Summe einfacher relativer Werthausdrücke oder Gleichungen der ersten Form, wie:
20 Ellen Leinwand = 1 Rock
20 Ellen Leinwand = 10 Pfd. Thee u. s. w.
Jede dieser Gleichungen enthält aber rückbezüglich auch die identische Gleichung:
1 Rock = 20 Ellen Leinwand
10 Pfd. Thee = 20 Ellen Leinwand u. s. w.
In der That: Tauscht der Besitzer der Leinwand seine Waare mit vielen andren Waaren aus und drückt daher den Werth seiner Waare in einer Reihe von andren Waaren aus, so müssen nothwendig auch die vielen andren Waarenbesitzer ihre Waaren mit Leinwand austauschen und daher die Werthe ihrer verschiedenen Waaren in derselben dritten Waare, der Leinwand, ausdrücken. – Kehren wir also die Reihe: 20 Ellen Leinwand = 1 Rock oder = 10 Pfd. Thee oder = u. s. w. um, d. h. drücken wir die an sich, implicite, schon in der Reihe enthaltene Rückbeziehung aus, so erhalten wir:
III. Allgemeine Werthform.
1 Rock = 10 Pfd. Thee = 40 Pfd. Kaffee = 1 Qrtr. Weizen = 2 Unzen Gold = 1/2 Tonne Eisen = x Waare A = u. s. w. Waare = |
20 Ellen Leinwand |
§.1. Veränderte Gestalt der relativen Werthform.
Die relative Werthform besitzt jetzt eine ganz veränderte Gestalt. Alle Waaren drücken ihren Werth l) einfach aus, nämlich in einem einzigen andren Waarenkörper, 2) einheitlich, d. h. in demselben andren Waarenkörper. Ihre Werthform ist einfach und gemeinschaftlich, d. h. allgemein. Allen verschiedenartigen Waarenkörpern gilt jetzt die Leinwand als ihre gemeinschaftliche und allgemeine Werthgestalt. Die Werthform einer Waare, d. h. der Ausdruck ihres Werths in Leinwand, unterscheidet sie jetzt nicht nur als Werth von ihrem eignen Dasein als Gebrauchsgegenstand, d. h. von ihrer eignen Naturalform, sondern bezieht sie zugleich als Werth auf alle andren Waaren, auf alle Waaren als Ihresgleichen. Sie besitzt daher in dieser Werthform allgemein gesellschaftliche Form.
Erst durch ihren allgemeinen Charakter entspricht die Werthform dem Werthbegriff. Die Werthform musste eine Form sein, worin die Waaren als blosse Gallerte unterschiedsloser, gleichartiger, menschlicher Arbeit, d. h. als dingliche Ausdrücke derselben Arbeitssubstanz für einander erscheinen. Diess ist jetzt erreicht. Denn sie alle sind ausgedrückt als Materiatur derselben Arbeit, der in der Leinwand enthaltenen Arbeit, oder als dieselbe Materiatur der Arbeit, nämlich als Leinwand. So sind sie qualitativ gleichgesetzt.
Zugleich sind sie quantitativ verglichen oder als bestimmte Werthgrössen für einander dargestellt. Z. B. 10 Pfd. Thee = 20 Ellen Leinwand, und 40 Pfd. Kaffee = 20 Ellen Leinwand. Also: 10 Pfd. Thee = 40 Pfd. Kaffee. Oder in 1 Pfd. Kaffee steckt nur 1/4 so viel Werthsubstanz, Arbeit, als in 1 Pfd. Thee.
§. 2. Veränderte Gestalt der Aequivalentform.
Die besondere Aequivalentform ist jetzt fortentwickelt zur allgemeinen Aequivalentform. Oder die in Aequivalentform befindliche Waare ist jetzt – allgemeines Aequivalent. – Indem die Naturalform des Waarenkörpers Leinwand als Werthgestalt aller andren Waaren gilt, ist sie die Form ihrer Gleichgültigkeit oder unmittelbaren Austauschbarkeit mit allen Elementen der Waarenwelt. Ihre Naturalform ist also zugleich ihre allgemeine gesellschaftliche Form.
Für alle andren Waaren, obgleich sie die Produkte der verschiedenartigsten Arbeiten sind, gilt die Leinwand als Erscheinungsform der in ihnen selbst enthaltenen Arbeiten, daher als Verkörperung gleichartiger, unterschiedsloser, menschlicher Arbeit. Die Weberei, diese besondre konkrete Arbeitsart, gilt also jetzt, durch das Werthverhältniss der Waarenwelt zur Leinwand, als allgemeine und unmittelbar erschöpfende Verwirklichungsform abstrakt menschlicher Arbeit, d. h. der Verausgabung menschlicher Arbeitskraft überhaupt.
Die in der Leinwand enthaltene Privatarbeit gilt eben desshalb auch als Arbeit, welche sich unmittelbar in allgemein gesellschaftlicher Form oder der Form der Gleichheit mit allen andren Arbeiten befindet.
Wenn eine Waare also die allgemeine Aequivalentform besitzt oder als allgemeines Aequivalent funktionirt, gilt ihre Natural- oder Körperform als die sichtbare Inkarnation, die allgemeine gesellschaftliche Verpuppung aller menschlichen Arbeit.
§. 3. Gleichmässiges Entwicklungsverhältniss von relativer Werthform und Aequivalentform.
Dem Entwicklungsgrad der relativen Werthform entspricht der Entwicklungsgrad der Aequivalentform. Aber, und diess ist wohl zu merken, die Entwicklung der Aequivalentform ist nur Ausdruck und Resultat der Entwicklung der relativen Werthform. Von der letzteren geht die Initiative aus.
Die einfache relative Werthform drückt den Werth einer Waare nur in einer einzigen andren Waarenart aus, gleichgültig in welcher. Die Waare erhält so nur Werthform im Unterschied zu ihrer eignen Gebrauchswerths- oder Naturalform. lhr Aequivalent erhält auch nur die einzelne Aequivalentform. Die entfaltete, relative Werthform drückt den Werth einer Waare in allen andren Waaren aus. Letztre erhalten daher die Form vieler besondren Aequivalente oder besondre Aequivalentform. Endlich giebt sich die Waarenwelt eine einheitliche, allgemeine, relative Werthform, indem sie eine einzige Waarenart von sich ausschliesst, worin alle andren Waaren ihren Werth gemeinschaftlich ausdrücken. Dadurch wird die ausgeschlossene Waare allgemeines Aequivalent oder wird die Aequivalentform zur allgemeine Aequivalentform.
§. 4. Entwicklung der Polarität von relativer Werthform und Aequivalentform.
Der polarische Gegensatz, oder die unzertrennliche Zusammengehörigkeit und ebenso beständige Ausschliessung von relativer Werthform und Aequivalentform, so dass 1) eine Waare sich nicht in der einen Form befinden kann, ohne dass andre Waare sich in der entgegengesetzten Form befindet, und 2) dass sobald eine Waare sich in der einen Form befindet, sie sich nicht gleichzeitig innerhalb desselben Werthausdrucks in der andren Form befinden kann, – dieser polarische Gegensatz beider Momente des Werthausdrucks entwickelt und verhärtet sich in demselben Masse, worin sich die Werthform überhaupt entwickelt oder ausgebildet wird.
In der Form I schliessen sich schon die beiden Formen aus, aber nur formell. Je nachdem dieselbe Gleichung vorwärts oder rückwärts gelesen wird, befindet sich jedes der beiden Waarenextreme, wie Leinwand und Rock, gleichmässig bald in der relativen Werthform, bald in der Aequivalentform. Es kostet hier noch Mühe, den polarischen Gegensatz festzuhalten.
In der Form II kann immer nur je eine Waarenart ihren relativen Werth total entfalten oder besitzt sie selbst nur entfaltete relative Werthform, weil und sofern alle andren Waaren sich ihr gegenüber in der Aequivalentform befinden.
In der Form III endlich besitzt die Waarenwelt nur allgemein-gesellschaftliche relative Werthform, weil und sofern alle ihr angehörigen Waaren von der Aequivalentform oder der Form unmittelbarer Austauschbarkeit ausgeschlossen sind. Umgekehrt ist die Waare, die sich in der allgemeinen Aequivalentform befindet oder als allgemeines Aequivalent figurirt, von der einheitlichen und daher allgemeinen relativen Werthform der Waarenwelt ausgeschlossen. Sollte die Leinwand, d. h. irgend eine in allgemeiner Aequivalentform befindliche Waare, auch zugleich an der allgemeinen relativen Werthform theilnehmen, so müsste sie auf sich selbst als Aequivalent bezogen werden. Wir erhalten dann: 20 Ellen Leinwand = 20 Ellen Leinwand, eine Tautologie, worin weder Werth, noch Werthgrösse ausgedrückt ist. Um den relativen Werth des allgemeinen Aequivalents auszudrücken, müssen wir die Form III umkehren. Es besitzt keine mit den andren Waaren gemeinschaftliche relative Werthform, sondern sein Werth drückt sich relativ aus in der endlosen Reihe aller andren Waarenkörper. So erscheint jetzt die entfaltete relative Werthform oder Form II als die specifische relative Werthform der Waare, welche die Rolle des allgemeinen Aequivalents spielt.
§. 5. Uebergang aus der allgemeinen Werthform zur Geldform.
Die allgemeine Aequivalentform ist eine Form des Werths überhaupt. Sie kann also jeder Waare zukommen, aber stets nur im Ausschluss von allen andren Waaren.
Indess zeigt schon der blosse Formunterschied zwischen Form II und Form III etwas Eigenthümliches, was die Formen I und II nicht unterscheidet. Nämlich in der entfalteten Werthform (Form II) schliesst eine Waare alle andren aus, um in ihnen den eignen Werth auszudrücken. Diese Ausschliessung kann ein rein subjektiver Prozess sein, z. B. ein Prozess des Leinwandbesitzers, der den Werth seiner eignen Waare in vielen andren Waaren schätzt. Dagegen befindet sich eine Waare nur in allgemeiner Aequivalentform (Form Ill), weil und sofern sie selbst durch alle andren Waaren als Aequivalent ausgeschlossen wird. Die Ausschliessung ist hier ein von der ausgeschlossenen Waare unabhängiger, objektiver Prozess. In der historischen Entwicklung der Waarenform mag daher die allgemeine Aequivalentform bald dieser, bald jener Waare abwechselnd zukommen. Aber eine Waare funktionirt nie wirklich als allgemeines Aequivalent, ausser sofern ihre Ausschliessung und daher ihre Aequivalentform das Resultat eines objektiven gesellschaftlichen Prozesses ist.
Die allgemeine Werthform ist die entwickelte Werthform und daher die entwickelte Waarenform. Die stofflich ganz verschiedenen Arbeitsprodukte können nicht fertige Waarenform besitzen und daher auch nicht im Austauschprozess als Waare funktioniren, ohne als dingliche Ausdrücke derselben gleichen menschlichen Arbeit dargestellt zu sein. Das heisst, um fertige Waarenform zu erhalten, müssen sie einheitliche, allgemeine relative Werthform erhalten. Aber diese einheitliche relative Werthform können sie nur dadurch erwerben, dass sie eine bestimmte Waarenart als allgemeines Aequivalent aus ihrer eignen Reihe ausschliessen. Und erst von dem Augenblicke, wo diese Ausschliessung sich endgültig auf eine specifische Waarenart beschränkt, hat die einheitliche relative Werthform objektive Festigkeit und allgemein gesellschaftliche Gültigkeit gewonnen.
Die specifische Waarenart nun, mit deren Naturalform die Aequivalentform gesellschaftlich verwächst, wird zur Geldwaare oder funktionirt als Geld. Es wird ihre specifisch gesellschaftliche Funktion, und daher ihr gesellschaftliches Monopol, die Rolle des allgemeinen Aequivalents innerhalb der Waarenwelt zu spielen. Diesen bevorzugten Platz hat unter den Waaren, welche in Form II als besondre Aequivalente der Leinwand figuriren, und in Form III ihren relativen Werth gemeinsam in Leinwand ausdrücken, eine bestimmte Waare historisch erobert, das Gold. Setzen wir daher in Form III die Waare Gold an die Stelle der Waare Leinwand, so erhalten wir:
IV. Geldform.
20 Ellen Leinwand = 1 Rock = 10 Pfd. Thee = 40 Pfd. Kaffee = 1 Qrtr. Weizen = 1/2 Tonne Eisen = a Waare A = u. s. w. Waare = |
2 Unzen Gold |
§. l. Verschiedenheit des Uebergangs der allgemeinen Werthform zur Geldform von den früheren Entwicklungsübergängen.
Es finden wesentliche Veränderungen statt beim Uebergang von Form I zu Form II, von Form II zu Form III. Dagegen unterscheidet Form IV sich durch nichts von Form III, ausser dass jetzt statt Leinwand Gold die allgemeine Aequivalentform besitzt. Gold bleibt in Form IV, was die Leinwand in Form III war – allgemeines Aequivalent. Der Fortschritt besteht nur darin, dass die Form unmittelbarer allgemeiner Austauschbarkeit oder die allgemeine Aequivalentform jetzt durch gesellschaftliche Gewohnheit endgültig mit der specifischen Naturalform des Waarenkörpers Gold verwachsen ist.
Gold tritt den andren Waaren nur als Geld gegenüber, weil es ihnen bereits zuvor als Waare gegenüberstand. Gleich allen andren Waaren funktionirte es auch als Aequivalent, sei es als einzelnes Aequivalent in vereinzelten Austauschakten, sei es als besondres Aequivalent neben andren Waarenäquivalenten. Nach und nach funktionirte es in engeren oder weiteren Kreisen als allgemeines Aequivalent. Sobald es das Monopol dieser Stelle im Werthausdruck der Waarenwelt erobert hat, wird es Geldwaare, und erst von dem Augenblick, wo es bereits Geldwaare geworden ist, unterscheidet sich Form IV von Form III, oder ist die allgemeine Werthform verwandelt in die Geldform.
§. 2. Verwandlung der allgemeinen relativen Werthform in Preisform.
Der einfache relative Werthausdruck einer Waare, z. B. der Leinwand, in der bereits als Geldwaare funktionirenden Waare, z. B. dem Gold, ist Preisform. Die Preisform der Leinwand daher:
20 Ellen Leinwand = 2 Unzen Gold,
oder, wenn 2 Pfd. St. der Münzname von 2 Unzen Gold,
20 Ellen Leinwand= 2 Pfd. St.
§. 3. Die einfache Waarenform ist das Geheimniss der GeldIorm.
Man sieht, die eigentliche Geldform bietet an sich gar keine Schwierigkeit. Sobald einmal die allgemeine Aequivalentform durchschaut ist, macht es nicht das geringste Kopfbrechen zu begreifen, dass sich diese Aequivalentform an eine specifische Waarenart wie Gold festhaftet, um so weniger als die allgemeine Aequivalentform von Natur die gesellschaftliche Ausschliessung einer bestimmten Waarenart durch alle andren Waaren bedingt. Es handelt sich nur noch darum, dass diese Ausschliessung objektiv gesellschaftliche Konsistenz und allgemeine Gültigkeit gewinnt, daher weder abwechselnd verschiedne Waaren tritt, noch eine bloss lokale Tragweite in nur besondern Kreisen der Waarenwelt besitzt. Die Schwierigkeit im Begriff der Geldform beschränkt sich auf das Begreifen der allgemeinen Aequivalentform, also der allgemeinen Werthform überhaupt, der Form III. Form III löst sich aber rückbezüglich auf in Form II , und das konstituirende Element der Form II ist Form I: 20 Ellen Leinwand = 1 Rock oder x Waare A = y Waare B. Weiss man nun, was Gebrauchswerth und Tauschwerth sind, so findet man, dass diese Form I die einfachste, unentwickeltste Manier ist, ein beliebiges Arbeitsprodukt, wie die Leinwand z. B, als Waare darzustellen, d. h. als Einheit der Gegensätze Gebrauchswerth und Tauschwerth. Man findet dann zugleich leicht die Metamorphosenreihe, welche die einfache Waarenform: 20 Ellen Leinwand = 1 Rock durchlaufen muss, um ihre fertige Gestalt: 20 Ellen Leinwand = 2 Pfd. St., d. h. die Geldform zu gewinnen.
(Fortzufahren p. 35 im Text des Buchs.)
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- Weiteres zur K1-Urfassung von 1867:
- Was ist eigentlich »der Wert«. TPL-Veranstaltung 2008
- editorisches Vorwort (Schrader 1980)
- Faksimile der Erstausgabe
- Vorwort Marx
- Kapitel 1.1 Die Waare
- Anhang zu Kapitel 1.1: Die Werthform
- Quellen:
- du mauvais côté. Dort auch die französische Fassung von Kapitel 1.1 und Anhang.
- Nachdruck der Erstausgabe des "Kapitals", herausgegeben von Fred E. Schrader, Hildesheim 1980.
- MEGA² II/5 (sprich: Zweite MEGA, Abteilung 2, Fünfter Band): Das Kapital. Kritik der Politischen Ökonomie. Erster Band, Hamburg 1867. Berlin 1983.