Veranstaltungen 2002:

 

Alle Veranstaltungen des Veranstaltungscafés finden, wenn nicht anders angekündigt, in den Räumen der DFG/VK in der Mühlgasse 13 statt. 

Tagesveranstaltungen, Seminare:

Lektürekurse:

 

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Mittwoch, 13. Februar 2002, 19.30 Uhr

Klassentheorie und Einkommensverteilung in Deutschland

Referent: Christian Hartz (Hamburg)

Was macht LohnarbeiterInnen, KapitalistInnen und GrundeigentümerInnen zu denjenigen, welche die drei großen Gesellschaftsklassen bilden? Von dieser Fragestellung aus, orientiert an den Kapiteln »Die Klassen« und »Die Revenuen und ihre Quellen« im Dritten Band des »Kapital« von Karl Marx, soll versucht werden, die heutige klassenmäßige Zusammensetzung unserer Gesellschaft in Deutschland zunächst von der Ebene der Einkommens- und Vermögensverteilung ausgehend zu beschreiben. Anhand des hier dargestellten empirischen Materials kann z.B. diskutiert werden, ob die Einkommensstruktur den Klassenbau der Gesellschaft überhaupt adäquat abbildet, welche Rolle die Verfügungsgewalt über »Kapital«/ Produktionsmittel spielt, inwieweit das Grundeigentum für die heutige Klassenstruktur noch eine besondere Rolle spielt, usw.

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Mittwoch 13. März 2002, 19.30 Uhr. {zum Bericht →}

Der präventive Sicherheitsstaat und die Funktion des bürgerlichen Staates

Referent: Henning Mächerle (Rote Hilfe Gießen)

Angesichts völliger Verunsicherung und weiterer Auflösungstendenzen der Linken fallen deren Reaktion auf eine neue Stufe von staatlicher Repression, in der Folge des 11. Septembers 2001, eigentümlich sprachlos aus. Auch die Diskussionen der, dem eigenen Selbstverständnis nach marxistischen oder gar revolutionären, Gruppen verbleiben häufig im Rahmen liberaler Kritik. Sehr gewissenhaft werden die Bestandteile der sogenannten Sicherheitspakete, den damit verbundenen Veränderungen des politischen Strafrechtes, die damit verbundenen Einschränkungen bürgerlicher Freiheitsrechte, erweiterten Fahndungsmöglichkeiten für die Sicherheitsbehörden und die Aufnahme biometrischer Daten in Personendokumente aufgelistet. Ungeachtet der Frage, ob eine solches Vorgehen in bestimmten Fällen taktisch sinnvoll ist, wird die Grundsatzfrage nach der Funktion und dem Charakter des bürgerlichen Staates nicht mehr gestellt. Auch der Vergleich der Entwicklung in Deutschland mit der in anderen kapitalistischen Ländern wird selten gezogen. In der Diskussionsveranstaltung soll die geplante Ausweitung der Befugnisse des Repressionsapparates und deren Konsequenzen beschrieben werden. Der Rahmen dieser Darstellung ist die Geschichte der politischen Repression in Großbritannien. In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass dieses Land in der aktuellen Diskussion, um flächendeckende Videoüberwachung, immer wieder als Beispiel herhalten muss und dass die Blair Regierung den Krieg der USA gegen Afghanistan am konsequentesten unterstützte.

Aber letztlich sollen die einzelnen Aspekte zu einer Charakterisierung der augenblicklichen Funktion des bürgerlichen Staates zusammengefasst werden. Ein Bestandteil dieser Beschreibung könnte das von dem Rechtsanwalt Rolf Gössner benutzte Konzept vom »präventiven Sicherheitsstaat« sein, welches mit der politischen Ökonomie des aktuellen Kapitalismus verbunden werden müsste.

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Mittwoch, 10. April 2002, 19.30 Uhr

Fetisch – Spektakel – Entwendung.

Zur praktischen Aktualität der situationistischen Kritik. Referent: Claus Baumann (Stuttgart)

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Heutzutage scheint die reale Möglichkeit einer bewussten revolutionären Umgestaltung der Weltgesellschaft – vor allem in den Metropolen des Kapitals – hin zu einer Gesellschaft der »generalisierten Selbstverwaltung« (Ausdruck der Situationistischen Internationale 1968) ferner denn je, obgleich es um die objektiven Möglichkeiten für ihre Verwirklichung noch nie so gut bestellt war. Diese Situation wirft die Frage auf, wie aus dem Hier-und-Jetzt die Perspektive einer »Assoziation, worin die freie Entwicklung eines jeden Individuums die Bedingung für die freie Entwicklung aller ist« zur gesellschaftlichen Wirksamkeit gebracht werden kann.

Aktuelle Bezugnahmen auf die Situationistische Internationale (S.I.,1958-72) sind nun mittlerweile wieder groß im Kommen. Das Spektrum der Sichtweisen reicht vom Bild der S.I. als einer sich politisch inszenierenden Kunstavantgarde, als Vorläuferin der Spontibewegung und Modell einer Spaßguerilla, über die Stichwortgeberin der Postmodernen bis zum untergründigen Faktor für die Punkbewegung ... All diesen Aktualisierungsmotivationen ist die Unterbelichtung bzw. Ausblendung entscheidender Momente der situationistischen Theorie und Praxis gemeinsam: radikalste Kritik der dem Kapitalismus zugrunde liegenden Wert- und Warenform; von da aus sowohl Kritik des kapitalistischen Alltagslebens wie der Kunst, Kultur, Wissenschaft und aller sonstigen, bürokratischen Spezialisierungen; radikalste Desillusionierung der linken Praxis- und Organisationsvorstellungen (stalinistischer, trotzkistischer, maoistischer, reformistischer oder anarchistischer ... Spielart), ohne sich jedoch auf eine praxisfeindliche, kontemplativ-theoretisierende »kritische Kritik« (Marx) zurückzuziehen. Im Gegenteil ist beeindruckend, wie es der S.I. gelang, in ihrer konsequenten Suche nach den modernen Möglichkeitsbedingungen kommunistischer Revolution als »Theoretiker- und ExperimentatorInnengruppe« Daseinsformen und Existenzbestimmungen revolutionärer Praxen kategoriell-begrifflich auszudrücken, die eine defetischisierende Kritik aller bestehenden Verhältnisse in Richtung ihrer praktischen Negation treiben.

Entgegen dem vorherrschenden, »prosituationistischen« Trend der aktuellen Bezugnahmen auf »den Situationismus« wird im Rahmen dieser Diskussionsveranstaltung der Begriff und die Theorie des »Spektakels« herausgearbeitet, womit es der S.I. gelang, die Marxsche Verdinglichungskritik vom »Waren-und Kapitalfetischismus« auf die Höhe der Zeit zu bringen: wie verhalten sich »Fetischcharakter« und »spektakuläre Warenproduktion« zueinander? Von dieser nur scheinbar rein-theoretischen Grundlage kann der Fragehorizont nach den Möglichkeiten einer organisierten revolutionären Praxis mittels des Begriffs der »Entwendung« in angemessener Weise eröffnet und davon ausgehend auch die Aktualität der situationistischen Kritik sowie ihre Praxisrelevanz in unserer heutigen Situation diskutiert werden. Eine wenigstens oberflächliche Kenntnis der Marxschen Wertformanalyse und Fetischkritik wird allerdings vorausgesetzt.

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Mittwoch, 8. Mai 2002, 19.30 Uhr

Die KPD und der Antisemitismus.

Ein Lehrstück ökonomistischer Kapitalismuskritik. Referenten: Vertreter der Gruppe MAGMA (Bonn)

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In ihrem Buch »... denn Angriff ist die beste Verteidigung – Die KPD zwischen Revolution und Faschismus« befasst sich die Gruppe MAGMA u.a. mit der Frage, wie die KPD in der Weimarer Republik dem Antisemitismus begegnet ist. Den theoretischen Background dieser ideologiekritischen Analyse bilden dabei die Positionen Moishe Postones und der ›Frankfurter Schule‹. Die zentralen Thesen der Gruppe MAGMA sind dabei: Die KPD kritisierte stets nur die Erscheinungsformen des Kapitalismus, begriff aber nicht seinen Inhalt. Wertkritik war ihr fremd; selbst eindeutig antisemitische Angriffe gegen das »raffende Finanzkapital« galten der Partei daher bereits als halber Antikapitalismus lediglich verirrter ArbeiterInnen und KleinbürgerInnen. Gelegentlich gab es sogar offen antisemitische Ausfälle, etwa von Ruth Fischer oder Hermann Remmele. Die KPD folgte einem schlichten Ökonomismus und begriff Antisemitismus nahezu ausschließlich als Instrument der Bourgeoisie zur Spaltung der Arbeiterklasse und als Ablenkung vom »Hauptwiderspruch« zwischen Kapital und Arbeit – in letzter Konsequenz also als verschleierten Antikommunismus und nicht als Weltanschauung, nicht also als besonders gefährliche Form des Fetischs. Eine Änderung dieser Sichtweise erfolgte erst mit den Pogromen im November 1938. Buchtipp: Gruppe MAGMA: »Denn Angriff ist die beste Verteidigung«. Die KPD zwischen Revolution und Faschismus. Pahl-Rugenstein Verlag, Bonn 2001.

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Mittwoch, 12. Juni 2002, 19.30 Uhr

Buchvorstellung: Heinrich Brandler. Eine politische Biographie.

Referent: Jens Becker (Frankfurt)

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An Leben und Werk des einstigen KPD-Vorsitzenden Heinrich Brandler (1881–1967) lässt sich der Zusammenhang von politischer Persönlichkeit und zeitgeschichtlicher Entwicklung besonders deutlich machen. Als Kritiker sowohl des Stalinismus als auch des sozialdemokratischen Reformismus saß Heinrich Brandler zwischen allen Stühlen. Zeit seines Lebens blieb er kritischer Marxist. Heinrich Brandlers Werdegang, sein Aufstieg und Fall innerhalb der deutschen und internationalen Arbeiterbewegung, auf deren linken Flügel er stand, erscheint beispielhaft für jenen Teil einer Arbeitergeneration, die – in jungen Jahren zumeist schon gewerkschaftlich engagiert – den Weg zur Sozialdemokratie fand. Sie begriff den Ausbruch des Ersten Weltkrieges als Zäsur, verblieb beim Spartakusbund bzw. bei der KPD und wurde später von letzterer ausgeschlossen. Als Parteichef scheiterte Brandler 1923, als er sich gegen den sogenannten Oktoberaufstand stemmte und damit zum Sündenbock für die »verratene Revolution« wurde. Die Hoffnung, die inzwischen stalinisierte KPD »zurückzuerobern«, erwies sich als Fehleinschätzung. Nach seinem französischen und cubanischen Exil (1933–1948) kehrte Brandler nach Deutschland zurück und leistete Zirkelarbeit in der »Gruppe Arbeiterpolitik«. Buchtip: Jens Becker: Heinrich Brandler. Eine politische Biographie. VSA-Verlag, Hamburg 2000.

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Mittwoch, 10. Juli 2002, 19.30 Uhr. {zum Bericht →}

Von der ›Partei Marx‹ zur internationalen Assoziation...

Thesen zur Kontroverse um Bolschewismus und Stalinismus, Faschismus und Antifaschismus, Antiimperialismus und Ethnizismus, Blockaden der Linken Referent: E.U. Knaudt (Bochum)

Wacht auf, verdammt, Marx-Partisanen...! Der Kommunismus ist zum Gespenst seiner selbst geworden und was mit ihm umgeht, ist nur noch sein schlechter Ruf bei den Verdammten dieser Erde. Der Kapitalismus wird, wie bereits Marx es ihm an der Nasenspitze ansehen konnte, zerfressen von seinen inneren Widersprüchen – aber seinen im Streik befindlichen Totengräbern wäre nichts lieber als ein anderer Job – wenn möglich, so lukrativ wie der eines beamteten Berufsrevolutionärs. Kapitalismus wie Kommunismus sind je auf ihre Weise überfällig. Aber anstatt auf weitere 70 Jahre »Systemauseinandersetzung« hinzusteuern, hält es der Referent dieses Abends für an der Zeit, zwei Schritte zurückzumachen: back to the roots, d.h. zu Marx. Der erste hätte darin zu bestehen, den in den Herzen der Linken konservierten Leichnam des surrealen Sozialismus historisch zu sezieren und ihn dann ehrenvoll zu bestatten. Einfacher wäre der zweite Schritt: statt eine weitere, ohnehin irgendwann subventionierte »Partei des Proletariats« zu gründen, ruft er die Partisanen der »Partei Marx«(die nicht mehr gegründet werden muss, weil sie bereits seit über 150 Jahren existiert) dazu auf, sich in ihrem Sinne selbst zu verständigen. An diese hätte er dann einige Frage zu richten.

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Tages-Seminar: Samstag, 13. April 2002, 11 Uhr

Einstieg in Imperialismustheorien

Moderation: Eberhard Dähne, Lutz Getzschmann, Joachim Wurst

Anknüpfend an unser Wochenendseminar über Henryk Grossmann und die marxistische Krisentheorie vom letzten Halbjahr, wollen wir, vor allem auch unter dem Einfluss der Diskussionen seit dem 11. September, unser Thema erweitern und einen generellen Einstieg in die wichtigsten marxistischen Imperialismustheorien bieten, der ein Problembewusstsein schaffen könnte, für das, was unter heutigen Bedingungen »Imperialismus« ausmachen könnte. Gedacht ist dabei schwerpunktmäßig an: Rosa Luxemburg, Rudolf Hilferding, W. I. Lenin, Fritz Sternberg. Im Laufe eines Tages ist natürlich eine angemessene und erschöpfende Behandlung der genannten TheoretikerInnen kaum möglich. Wir verstehen diesen Termin in erster Linie als einen Auftakt für eine mögliche Studiengruppe zu diesem Thema.

 

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Lektürekurs an jedem ersten Samstag im Monat (2.3. Einführung, 6.4., 4.5., 1.6., 6.7. 2002) um 14.30 Uhr. {zum Ablaufplan → / zum Bericht →}

Moishe Postone »Time, labor, and social domination«

 – »a reinterpretation of Marx's critical theory« – englischer und deutscher Text. Moderation: Tina Meyer, Peter Christoph

Dieser Kurs mit Seminarcharakter ist auf zwei Halbjahre angelegt. Wir wollen die lang verzögerte Erschließung des Hauptwerks von Moishe Postone (USA 1993) über die esoterischen Insider-Zirkel der akademischen Linken hinaus auch anderen Leuten ermöglichen, die 1. bisher
vergeblich auf eine Übersetzung warten mussten, 2. sich auf den endlich zu erwartenden Postone-Verschnitt (für 2002 angekündigte, gekürzte und »überarbeitete« dt. Übertragung) auf seriöse und gründliche Weise zusammen vorbereiten möchten, 3. die originelle kritische Marx-Interpretation parallel zu unserem »Kapital«-Kurs ebenfalls kritisch (statt als Postone-«Gemeinde«) sich aneignen und kontrovers diskutieren wollen. In einer der beiden ersten Sessions geben wir eine kurze Hinführung entlang der gegenwärtigen Rezeptionslage dieses in der deutschen Linken ebenso »legendären« wie umstrittenen Theoretikers. (Die meisten und wichtigsten dt. Texte von und über M.Postone stehen in der Studienbibliothek / theorie-praxis-lokal zur Verfügung.) An den 5 Samstagnachmittagen des ersten Halbjahres werden zunächst die entscheidenden Passagen (Kapitel) des umfangreichen Buches erschlossen., und zwar anhand vorliegender dt. Übersetzungen, die zusammen mit dem amerikanischen Originaltext als Kopien rechtzeitig bei uns abzuholen sind. Der vorgeschlagene Aufbauplan des Kurses liegt demnächst in einem ausführlichen Gesamtprospekt vor.

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Lektürekurs an jedem 3. Samstag im Monat um 15 Uhr

Karl Marx: Das Kapital. Band 1

Moderation: Nadja Rakowitz

Wir setzen in diesem Halbjahr den auf anderthalb Jahre konzipierten Lektürekurs fort. Genauere Infos über Themen, Leseabschnitte und Möglichkeiten, eventuell noch einzusteigen findet ihr auf unserer Website.

 

 

 

 

 

 

 

 

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